Bericht der Dres. Fritz Burkhardt und
Gwendolin Sztankay (E-Mail: gsztankay [at] gmail.com)

Während der Vorbereitung auf unser Staatsexamen hatten wir nur eines im Kopf: raus aus dem Alltag, raus aus der Theorie, und rein in die Praxis. Wir wollten endlich anfangen zu arbeiten, zu behandeln, doch die Anerkennung unserer Approbation sollte noch einige Monate dauern.

Nachdem uns unsere Famulatur im Vorhimalaya in Nepal im letzten Jahr so gut gefallen hatte, stand für uns fest, dass wir wieder ein Hilfsprojekt im Ausland machen wollten. Diesmal jedoch nicht mehr als Praktikanten, sondern als ausgebildete Zahnärzte. Unsere Erwartungen, so kurz vor dem Examen noch an einen Auslandseinsatz zu kommen, waren gering. Umso überraschter waren wir, als wir nur eine Woche vor dem Examen beim DWLF anriefen und sofort eine Stelle für uns beide gefunden wurde.

Vorbereitung und Reise:

Die Organisation des Einsatzes verlief ab diesem Moment fast von selbst. Die Betreuung durch die Zentrale des DWLF war hervorragend und nachdem wir Führungszeugnis, Diplom, Flugtickets und Visum organisiert hatten, war es endlich so weit: am 3. Oktober 2024 ging es los.

Team-Mitglieder:

  • ZA Manfred Adelmann (AD/GL)
  • Dr. Thomas Czekalla (AD)
  • Dr. Gwengolin Sztankay (als ADH)
  • Dr. Friedrich Wilhelm Burkhardt (als ADH)

In Nürnberg trafen wir zum ersten Mal unseren Gruppenleiter, Manfred Adelmann, und beim Zwischenstopp in Istanbul lernten wir Dr. Thomas Czekalla kennen – den vierten im Bunde. Schnell stellten wir fest, dass wir nicht nur fachlich, sondern auch menschlich perfekt harmonierten. Nach einem ersten Bier in Istanbul war uns klar, dass dies eine unvergessliche Reise werden würde.

Unser Ziel war Litembo, ein abgelegener Ort im Süden Tansanias. Nach einem langen Flug über Daressalam und Songea, wo uns der Flughafen mit einer Wellblechhütte überraschte, ging es mit einem Toyota Land Cruiser über staubige Schotterpisten bis zum Litembo Hospital.

Ankunft und erster Eindruck:

Die erste Begegnung mit Litembo war geprägt von einem Gefühl der Abgeschiedenheit. Das kleine „Städtchen“ bestand hauptsächlich aus Wellblechhütten, dem Krankenhaus und einer Kirche. Es war ruhig, einfach und gleichzeitig faszinierend. Wir wurden im „Doctors House“ herzlich empfangen und konnten ein erstes, üppiges Mahl genießen – was uns allerdings schon bald ein wenig zum Hals heraushängen sollte, da die Ernährung in dieser Region stets aus den gleichen Grundzutaten bestand: Kraut, Bohnen und Reis. Die Zimmer waren einfach, der Strom nur zeitweise vorhanden und die Sauberkeit ließ spätestens nach zwei Wochen zu wünschen übrig, aber immerhin hatten wir ein Dach überm Kopf.

Die erste Woche – Mobile Klinik:

Nachdem wir uns ein Wochenende lang von der langen Reise erholt und die zahnmedizinischen Materialien sowie die mobile und stationäre Einheit überprüft hatten, machten wir uns mit der Mobilen Klinik, bestehend aus einem Gynäkologen, einem Internisten und einem Ophthalmologen sowie uns fünf Zahnärzten auf den Weg zu den umliegenden Health Centern. Die fünfte im Bunde war Neema Chungu, die lokal ansässige Zahnärztin, die uns mit sprachlicher Unterstützung beiseite stand.

Morgens um sechs Uhr ging es am Montag zur ersten Station, bei der wir erstmal frühstücken sollten, ehe wir die lange Schlange wartender Patienten versorgen durften. Nach einer langen Instruktion seitens des Ophthalmologen konnten wir endlich anfangen, doch die Freude währte nur kurz. In einem kargen Raum – ohne Licht und Wasser – hatten wir zu allem Überfluss leider auch keinen Strom, weshalb wir unsere mobile Einheit nicht starten konnten. Leider konnten wir an diesem Tag fast ausschließlich Kontrollen und einfache Extraktionen durchführen.

Ab dem zweiten Tag war unsere Mobile Klinik aber in Aktion – und der Ansturm der Patienten ließ nicht lange auf sich warten. Jeden Morgen, wenn wir an den Einsatzorten ankamen, füllten sich die Gänge vor den Kirchen, die die Health Center beherbergten, rasch mit Hunderten von Menschen, die auf unsere Hilfe warteten. Die medizinische Versorgung in den abgelegenen Teilen Tansanias findet (fast) ausschließlich durch die Kirchen statt. Die Mobile Klinik hat hier vier Touren, die jeweils einmal im Jahr abgearbeitet werden, die medizinische Versorgung in der restlichen Zeit übernehmen meist Ordensschwestern mit rudimentärer, medizinischer Ausbildung. Daher war die Zahl der Patienten, die uns jeden Tag erwartete, sehr beeindruckend, wenngleich teilweise auch schwer mitanzusehen – die Menschen hatten zum Teil Anreisedauern von mehreren Stunden.

Teilweise extrahierten wir über 70 Zähne am Tag – eine enorme Zahl, die uns mit Stolz, aber auch mit Erschöpfung erfüllte. Ähnlich ging es weiter: immer neue Orte, neue Räume und Gegebenheiten, machten die Woche sehr abwechslungsreich und spannend. Die Route führte uns entlang des Malawisees, was die Arbeit – trotz der enormen Belastung – ein wenig erträglicher machte. Die Übernachtungen in dieser Woche waren hier vergleichsweise hervorragend.

Zahnarztbehandlung in Tansania – Herausforderungen:

Am Anfang fiel es uns schwer, die richtigen Entscheidungen bei der Extraktion zu treffen, aber die wenigen Mittel, die wir hatten, ließen Wurzelkanalbehandlungen oder andere zahnerhaltende Maßnahmen einfach nicht zu. Für viele Patienten war es das erste Mal, dass sie überhaupt einen Zahnarzt gesehen hatten, besonders bei den jungen Patienten zögerten wir, Zähne im sichtbaren Bereich zu extrahieren, doch die Notwendigkeit, Leben zu retten und Infektionen zu vermeiden, machte uns diese Entscheidung letztlich leichter.

Ein weiteres Problem, das uns Kopfzerbrechen bereitete, war, wie schon erwähnt, die unzuverlässige Stromversorgung. In vielen der Health Center war der Strom schwach oder gar nicht vorhanden. Ohne Licht und Absaugung mussten wir auf unsere Stirnlampen und die mobile Einheit zurückgreifen. Um den Patienten trotzdem eine (gute) Behandlung bieten zu können, dienten uns einfache Bürostühle, Plastiksitze oder Behandlungsliegen – nicht gerade komfortabel, aber in dieser Umgebung die einzige Lösung. Die mobile Einheit, die wir mitgenommen hatten, funktionierte ebenfalls nicht immer reibungslos. Besonders schwierige Eingriffe, wie die Freilegung abgebrochener Wurzeln oder Füllungen, waren, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand zu bewerkstelligen.

Trotz all dieser Hindernisse war die Arbeit überaus wertvoll. Wir haben uns unendlich über jede Hilfe gefreut, die wir leisten konnten, und die Unterstützung von Thomas und Manfred als erfahrene Kollegen war unbezahlbar.

Die zweite Woche – Stationäre Behandlung im Litembo Hospital:

Am Samstagabend der ersten Woche kehrten wir nach Litembo zurück und begannen in der folgenden Woche, im Krankenhaus zu behandeln. Die Zahnärztin vor Ort, Neema Chungu, die auch schon in der ersten Woche mit dabei war, half uns dabei, die Behandlungen zu koordinieren und die Kommunikation mit den Patienten zu erleichtern. Auch wenn Neema nur ein Jahr Zahnmedizin studiert hatte, war ihre praktische Erfahrung, insbesondere im Bereich der Extraktionen, sehr gut und sie unterstützte uns tatkräftig.

Das Litembo Hospital wird von Pater Raphaël, dem Leiter der Diözese, geführt. Die enge Verbindung zur Diözese Würzburg war der Grund, warum das DWLF auf Litembo aufmerksam wurde. Ein Vorteil dieser Zusammenarbeit war, dass wir – trotz aller Improvisationen – einen höhenverstellbaren zahnärztlichen Stuhl zur Verfügung hatten. Zwar funktionierten nur die Hebe- und Senkautomatik, aber immerhin war es weitaus angenehmer, an diesem Stuhl zu arbeiten als auf den provisorischen Bürostühlen der ersten Woche.

Diese zweite Woche war deutlich entspannter und zweitweise hatten wir leider nur wenige Patienten, was sehr schade war. Wir hatten gehofft, dass noch deutlich mehr Patienten kommen würden und wir vielleicht auch mehr Prophylaxe betreiben könnten.

Besondere Erlebnisse und Eindrücke:

Neben den vielen herausfordernden Aspekten, die der Einsatz mit sich brachte, waren es vor allem die Patienten, die uns tief beeindruckten. Es war erstaunlich, wie ruhig und gelassen die Kinder selbst bei schmerzhaften Extraktionen blieben. In Deutschland würde ein Kind bei einer solchen Behandlung wohl laut schreien oder gar nicht erst den Mund öffnen, doch hier gab es nicht ein einziges Weinen. Es herrschte eine Atmosphäre der Dankbarkeit und des Respekts, die uns immer wieder fasziniert hat. Der Gynäkologe berichtete uns, dass Frauen während der Geburt keine Geräusche von sich gaben – ein erstaunlicher Stoizismus, der in dieser Region tief verwurzelt zu sein scheint.

Ein weiterer bewegender Moment war als wir Patienten mit offensichtlichen Tumoren, insbesondere Zungenkarzinomen, begegneten. Leider konnten wir hier nur wenig, beziehungsweise gar nichts tun, da in diesem abgelegenen Teil Tansanias weder eine Bildgebung noch eine Behandlungsmöglichkeit wie Chemotherapie oder Radiotherapie zur Verfügung standen. Tatsächlich befindet sich die erste Klinik, die alle diese Möglichkeiten bietet, außerhalb von Tansania in Nairobi (Kenia).

Abschließende Gedanken:

Diese zwei Wochen in Tansania waren ein außergewöhnliches Erlebnis. Sie haben nicht nur unsere Sicht auf das Leben und auf die oft überprivilegierte Situation in unseren Heimatländern verändert, sondern auch unsere Überzeugung bestärkt, dass solche Hilfseinsätze für uns eine langfristige Perspektive darstellen. Tansania mag viele Herausforderungen bieten, doch die Menschen dort sind unglaublich dankbar für jede Hilfe – auch wenn sie nur einen Bruchteil der Bevölkerung erreichen kann.

Ein großer Dank geht an unsere beiden Kollegen, Manfred und Thomas, von deren fachlicher Kompetenz wir sehr profitieren konnten. Sie haben nicht nur fachlich, sondern auch menschlich eine unglaubliche Bereicherung für diese Reise dargestellt.

Wir können die DWLF nur wärmstens empfehlen – dieser Verein leistet fantastische Arbeit, die es wirklich verdient, unterstützt zu werden.

Wir haben etwa 300 Patienten behandelt, darunter viele Extraktionen, Check-ups und kleinere Eingriffe, wie Füllungen und Zahnsteinentfernungen, vorgenommen.

Auch wenn wir inzwischen wieder in einer Bar in Sansibar sitzen und das vielfältige Essen genießen, denken wir mit großer Freude und Wehmut an diese zwei Wochen zurück – und wissen, dass wir gerne wieder zurückkehren würden.


Zahnärzte ohne Grenzen bittet um Unterstützung:
Altgoldsammeln für ein neues Kinderlächeln

Eine Bitte an geneigte Zahnärztinnen und Zahnärzte: Möchten Sie mit Ihrer Praxis Zahnärzte ohne Grenzen unterstützen und für uns – mit Einverständnis Ihrer Patienten – Altgold sammeln? Sie und Ihre Patienten unterstützen damit vor allem unsere zahnärztlichen Assistenzen und Zahntechniker, welchen wir aus dem Erlös Zuschüsse zu den Einsatzkosten gewähren können.

Wenn Sie uns unterstützen möchten, wenden Sie sich bitte an unseren Beauftragten für das Altgoldsammeln.

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