von Wolfgang Voß (E-Mail: wmvoss [at] web.de)
Unser Team
- Wolfgang Voß (ZA i.R., GL)
- Elena Böhm (ZÄin)
- Ferdinand Grassl (ZA)
Am Freitag, den 11.11.22 trafen wir uns um 18 Uhr am Flughafen München zum Check-in bei Emirates. Unser Flug startete um 21:30 Uhr nach Dubai. Von dort ging es nach kurzem Aufenthalt weiter nach Lusaka, der Hauptstadt Sambias. Dort landeten wir pünktlich am 12.11.22 um 14:30 Uhr Ortszeit bei Regen, aber sommerlich warmen Temperaturen.
Die Einreiseformalitäten als Touristen und die Zollkontrolle verliefen komplikationslos. Unsere Koffer wurden nicht inspiziert. Vor dem Eingang wurden wir von Moses und Mr. Piri erwartet, die sogleich unser Gepäck zu einem Kleinbus brachten.
Durch das regnerische Lusaka fuhren wir dann Richtung Siavonga auf einer asphaltierten Hauptstraße. Je weiter wir uns von Lusaka entfernten, desto mehr ließen wir die Zivilisation hinter uns. Der Zustand der Straße verschlechterte sich zusehends. Tiefe Schlaglöcher zwangen häufig zu wilden Ausweichmanövern. Auf steilere Anstiege, mit mehr als 6 Prozent, an denen sich schwer beladene LKWs im Schritttempo hinaufbewegten, folgten kurvige Abfahrten mit gleichem Gefälle. Nicht selten versagten dort die Bremsen. Davon zeugten plattgewalzte Leitplanken und schrottreife LKWs am Straßenrand, die zum Teil schon ausgeschlachtet waren.
Nach 3 1/2-stündiger Fahrt verließen wir die Straße und legten die letzte halbe Stunde auf Sandpisten und schon bei Dunkelheit zurück, bis zur Ankunft in der Sandy Beach Lodge. Die Lage am breiten Sandstrand und der Blick über den Lake Kariba sind atemberaubend.
Die Unterbringung ist einfach, aber sauber und in Ordnung. Toiletten, Waschbecken und Dusche werden mittels einer Pumpe mit Wasser aus dem See gespeist.
Zum Abendessen saßen wir mit Herman Striedl zusammen und haben viel erzählt und schon mal einen Ausblick auf die Einsätze der nächsten Woche erhalten. Herman lebt seit über 50 Jahren hier und ist mit einer Einheimischen verheiratet, die schon einmal den Posten als District Governer bekleidet hat. Das Leben als Besitzer einer Lodge oder Farm in Sambia ist mit dem Leben in Europa nicht vergleichbar. Man lebt in einer eigenen kleinen Welt, mit Angestellten für alle anfallenden Tätigkeiten. Das sind oft Menschen ohne oder nur mit geringer Schulbildung, die froh sind, überhaupt einen Arbeitsplatz zu haben. Wohnung und Verpflegung sind frei und sie bekommen noch einen kleinen Arbeitslohn.
Am Sonntag haben wir den Lagerraum und das vorhandene Material in Augenschein genommen und durch unser mitgebrachtes Material ergänzt. Anästhetika und Füllungsmaterialien sind jetzt reichlich vorhanden. Die vorhandene, mit Klebestreifen reparierte Polimerisationsleuchte habe ich durch eine neue von Henry Schein ersetzt. Diese sollte immer in der Originalverpackung transportiert werden, damit sie möglichst lange unversehrt einsatzfähig bleibt!
Der Transport über die schlechten Wege und der aufgewirbelte Staub hinterlassen deutliche Spuren auf der Ausrüstung. Vielleicht wäre es möglich, dafür staubdicht verschließbare Alukisten anzuschaffen.
Die neue Schweizer Behandlungseinheit war leider noch nicht einsatzbereit. Einige Kabel und eine Flasche liegen noch beim Zoll.
Am Nachmittag haben wir eine Bootsfahrt auf dem Kariba See unternommen. Herman hat das organisiert und auch für Verpflegung und Getränke gesorgt. Eine tolle Abwechslung.
Das Abendessen haben wir mit Herman zusammen eingenommen. Die dort wachsenden Pfirsich-Mangos waren ein häufiger Bestandteil der Nahrung und sind sehr lecker.
Herman war früher Musiker und hat als Bassist wohl auf der ganzen Welt gespielt, begonnen hat er in Hamburg.
14.11. Der Erste Arbeitstag.
Wir besuchten die Siavonga Clinic. Dort arbeiten zwei Dental Therapists in zwei Behandlungszimmern. Die Behandlungseinheiten konnten leider nur als Behandlungsliegen genutzt werden. Lampen, Druckluft, Wasser und Absauganlagen funktionierten nicht.
Beim ersten Patienten war der Zahn 48, beim Versuch ihn zu entfernen, abgebrochen. Mit einem Handstück mit nur schwacher Durchzugskraft gelang es, die Wurzeln soweit freizulegen, dass ich diese mit einem Hebel erfolgreich entfernen konnte.
Insgesamt behandelten wir zwölf Patienten (mit zehn Extraktionen, zwei Osteotomien, zwei Füllungen).
15.11., 1 1/4 Stunden Fahrzeit zur Lusito Clinic
Die Clinic besteht aus einem Behandlungsraum, ausgestattet mit einer ebenfalls defekten Behandlungseinheit, die nur noch als Behandlungsliege nutzbar ist. Dort arbeitet Maxwell als Dental Therapist. Wir konnten unsere mobile Motoreinheit mit Wasserkühlung und unsere Absauganlage einsetzen.
Insgesamt behandelten wir 24 Patienten (40 Extraktionen, drei Osteotomien und fünf Füllungen)
16.11., 1 3/4 Stunden Fahrt zur Chipepo Sub Station.
Die Fahrt ging durch einen wunderschönen Baobab Wald über eine Zufahrt, die extrem vom Regen geschädigt war, sodass wir teilweise nur im Schritttempo vorankamen. Bei unserer Ankunft wartetet schon eine Menschentraube.
Wir behandelten auf zwei Behandlungsliegen insgesamt 56 Patienten (105 Extraktionen, fünf Osteotomien und zwei Füllungen).
In der Mittagspause konnten wir auf der gegenüberliegenden Seite des Sambesi-Flusses Hippos erkennen.
17.11., 1 1/2 Stunden Fahrt zur Chala Clinic
Elena und Ferdinand haben sich wunderbar eingearbeitet und arbeiten schon weitgehend selbständig. wir konnten 51 Patienten behandeln (98 Extraktionen, drei Osteotomien, eine Füllung).
Zum Abendessen gab es heute paniertes Krokodilfleisch.
18.11., Wir fuhren nach Matua.
Dort mussten wir ausschließlich auf unser mitgeführtes Equipment zurückgreifen und haben bis 17:30 Uhr behandelt, (40 Patienten, 50 Extraktionen, sechs Osteotomien). Alle Behandlungen erwiesen sich als zeitaufwändig, da die Kieferknochen extrem dick und hart waren und sich die Zähne nur mühsam lockern ließen. Die Rückfahrt fand also im Dunkeln statt.
Das Wochenende hatten wir uns redlich verdient.
Herman hatte für uns eine Fahrt zum Nationalpark am Sambesi River organisiert. Wir übernachteten in einer komfortablen Lodge am Fluss und waren die einzigen Gäste. In den Park konnten wir leider nicht, da die Straßen aufgrund vergangener Regenfälle unbefahrbar waren. Auch außerhalb des Parks konnten wir Elefanten und Antilopen aus der Nähe betrachten, obwohl nach dem Regen alles grün war und die Tiere sich weniger aus dem Busch heraus trauten.
Eine wunderschöne Bootsfahrt auf dem Sambesi entschädigte uns reichlich. Wir sahen Hippos, Krokodile, Büffel, Elefanten und viele Vögel und erlebten einen fantastischen Sonnenuntergang.
Nachts hörten wir die Hippos grunzen und ein laut brüllender Löwe schlich um unsere Unterkunft.
21.11., heute besuchten wir die Siamatika Primary School.
Eine einfache Schule, die mit dem Nötigsten ausgestattet ist. Essen gibt es für die Kinder dort nicht und Schulwege von bis zu 10 km werden von den Kindern jeden Schultag in Flipflops zurückgelegt. Wir untersuchten 256 Kinder und zehn Lehrer und verteilten Zahnbürsten und Zahnpastatuben. Des Weiteren führten wir 14 Extraktionen durch und legten zwei Füllungen. Bei den Schülern musste vor einer Behandlung auf jeden Fall telefonisch das Einverständnis der Eltern eingeholt werden.
22.11., an diesem Tag besuchten wir die Liberi School.
Motto: „Child First“ – Diese Schule, von einer Holländerin gegründet und finanziert, ist vorbildlich organisiert. Blitzsaubere Klassenzimmer und gut ausgestattete Räume und Hygieneeinrichtungen. Die Kinder bekommen jeden Tag ein warmes Mittagessen. Sehr freundliche Schulleitung und nettes Kollegium.
Wir untersuchten 256 Kinder und zehn Lehrer und führten zehn Extraktionen durch und legten zwei Füllungen. Nach Abschluss der Behandlungen wurden wir noch mit Essen und Getränken versorgt.
Abends erlebten wir einen heftigen Gewittersturm mit Starkregen und komplettem Stromausfall.
23.11., heute wieder das totale Kontrastprogramm!
Wir besuchten die Musokwe Clinic.
Die Gebäude waren total verdreckt und niemand fühlte sich wirklich zuständig. In einem von Ratten verunreinigten Raum stand eine alte zerstörte und funktionslose Behandlungseinheit.
Wir untersuchten 45 Kinder und acht Erwachsene und führten zwölf Extraktionen und eine Osteotomie durch. Strom bezogen wir über die Autobatterie mit einem Konverter.
Die Kinder hatten durchlöcherte Kleidung, aber relativ gute Zähne, wegen eines geringen Zuckerkonsums. Als einziges Spielzeug diente ein aus Lumpen zusammengebundener Ballersatz. Ein Junge nutzte eine leere Plastikwasserflasche, um mit seinem Finger einen tollen Rhythmus zu trommeln. Faszinierend!
Am Nachmittag hat Herman für uns noch eine kleine Bootsfahrt auf dem Sambesi organisiert. Wir sahen viele Hippos und auch Krokodile.
24.11., unser vorletzter Behandlungstag führte uns wieder
nach Siavonga in eine andere Clinic.
Nachdem wir über mehrere Verlängerungskabel Strom aus einem anderen Gebäude bezogen haben, behandelten wir 16 Patienten und führen 27 Extraktionen, drei Osteotomien und fünf Füllungen durch.
25.11., unseren letzen Behandlungstag
erlebten wir in der unserer Sandy Beach Lodge.
Ein Bus brachte einige Soldaten zur Behandlung und wir behandelten auch einige Mitarbeiterinnen (zwölf Check-ups, neun Extraktionen, drei Osteotomien).
Leider verbog sich bei unserem vorletzten Patienten die neue Behandlungsliege in den Gelenken der Lehne, sodass diese unbrauchbar wurde. Nach Rücksprache mit der DWLF habe ich diese mit nach Deutschland zurückgenommen, da die Garantie noch nicht erloschen ist.
Resümee
Zusammenfassend war der gesamte Einsatz in Sambia ein unvergessliches, nachhaltig beeindruckendes Erlebnis. Die Menschen dort müssen mit so wenig auskommen. Frauen schleppen Wassertonnen auf dem Kopf in ihre Hütten und haben dabei noch ein Kind auf dem Rücken und Brennholz in der Hand. Spielzeug für die Kinder gibt es nicht. Sie basteln sich etwas aus Holz und etwas Draht. Der Unterschied zur europäischen Zivilisation mit all ihrem Überfluss kann nicht drastischer sein. Dennoch würde ich jederzeit wieder an einem Einsatz in Sambia teilnehmen.
Mein besonderer Dank geht an Elena Böhm und Ferdinand Grassl. Beide haben mich tatkräftig unterstützt. Wir waren ein fantastisches Team und hatten eine wunderbare Zeit miteinander.
Ich bedanke mich auch bei Henry Schein für die schnelle unkomplizierte Überlassung der neuen Polimerisationslampe. Auch bei Herman Striedl bedanke ich mich für seinen Einsatz und die Organisation.