von ZÄin Annette Kirchner-Schröder (E-Mail: netti065 [at] yahoo.de)

Zahnärztlicher Hilfseinsatzeinsatz in Luncani/Rumänien vom 3.10.-16.10.2016)

Im Sommer hatte ich bereits drei Wochen in Rumänien verbracht, einerseits, um einen Bus, voll gepackt mit Spenden von Patienten, Nachbarn und Freunden nach Luncani zu bringen, andererseits um den Jugendlichen von I.C.A.R. verschiedene Ferienaktivitäten zu ermöglichen. So verbrachten wir einige Tage am Meer, wanderten auf den Omul (2005 m) im Bucegi-Gebirge, erkundeten die Natur in der näheren Umgebung und erlebten einen wunderschönen Sonnentag im Freibad. Gemeinsam kochten, spielten und feierten wir in der Romasiedlung I.C.A.R. und im Vereinsheim in Luncani.

Einen jungen Mann nahm ich mit nach Deutschland zurück, um ihn einem Augenarzt vorzustellen. Das Ergebnis waren erschreckende sechs Dioptrien Weitsichtigkeit und weitere Sehfehler, die auf Grund seines Alters (18 Jahre) leider nur noch wenig korrigiert werden können. Seine neue (und erste) Brille wird ihm jedoch das Sehen erleichtern und seine ständigen Kopfschmerzen vermindern.

Acht Wochen später war der Bus wieder komplett bepackt. Einen Massivholzschrank, Kleidung, Schuhe, Kosmetikartikel, Geschirr und vieles mehr hatte ich in der kurzen Zeit erneut geschenkt bekommen.

Wieder war bei meiner Ankunft alles gut vorbereitet. Ein Zimmer muss immer komplett geräumt werden. Der Zahnarzt- und die Behandlungsstühle werden aus dem Lager geholt und gereinigt. Tische werden bereit gestellt und mit weißen Laken abgedeckt. Mein Assistent Sandu und ich müssen nur noch die Materialien und Instrumente auspacken und die mobile Einheit anschließen.

rumaenien-3-okt-16Diesmal gab es jedoch etwas Besonderes: Die lange von mir ersehnte Dentalleuchte konnte nach über einem Jahr „Projektplanung“ in Betrieb gehen. Ein echtes deutsch-österreichisch-rumänisches Gemeinschaftsprodukt! Die Lampe hatte meine Freundin gespendet, ihr Nachbar einen Transformator gekauft. Ein Kollege meines Mannes hatte einen Kasten für den Transformator gebaut und die verschiedenen Kabel fachgerecht angeschlossen. Der österreichische Projektleiter Gerhard Spitzer, ein gelernter Gas- und Wasserinstallateur, hatte mittels entsprechenden Rohren und Verbindungen aus dieser Branche eine Konstruktion entworfen, die die Lampe mit dem Stuhl verband und dieses gemeinsam mit Sandu montiert.

Und es funktionierte prima! War das eine Arbeitserleichterung! Kein Hantieren mehr mit der Taschenlampe, kein Nachstellen des kleinen Halogenlämpchens, welches am Schwebetisch befestigt, bisher als Hauptlichtquelle gedient hatte und infolge eines Wackelkontaktes nur unzuverlässig funktionierte. Um es vorweg zu nehmen: Ich war an keinem Abend eines Behandlungstages genervt und das verdanke ich dieser großartigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ein dickes Lob und Dankeschön an alle daran Beteiligten!!!

An 4 1/2 Behandlungstagen konnte ich  69 Patienten versorgen, die meisten sind komplett saniert entlassen worden. Bei meinen „Vorzeigepatienten“ (die seit 2010 betreuten Kinder und Jugendlichen von I.C.A.R.) war erneut nur Zahnsteinentfernung und Versieglung von Molaren und Prämolaren notwendig, verbunden mit einigen Zahnpflegehinweisen. Selbst die Kleineren kommen ohne Angst und freudig zur Behandlung.

Anders einige Erwachsene, die von großen Ängsten geplagt werden und deshalb auch das Behandlungsangebot oft nicht wahrnehmen. Ein 30jähriger Mann jedoch hatte all seinen Mut zusammengenommen und das erste Mal einen Zahnarzt in seinen Mund schauen lassen. Ich erschrecke eigentlich nicht mehr. Bei diesem Anblick jedoch zuckte selbst ich kurz zusammen. Alle 14 Oberkieferzähne waren bis auf Zahnfleischhöhe „heruntergefault“. Im Unterkiefer bot sich ein ähnliches Bild. Nur die 6 Frontzähne waren durch über 10 Füllungen noch zu erhalten. Sehr schade, zumal ich ihn schmerzfrei behandelte und er am Ende gar nicht mehr verstand, warum er es hatte soweit kommen lassen.

Insgesamt legte ich 90 Füllungen, zog 31 Zähne, entfernte bei über der Hälfte der Patienten Zahnstein. 36 Zähne erhielten eine Versiegelung.

rumaenien-1-okt-16In der behandlungsfreien Zeit half ich in der Küche und bei allgemeinen Hausarbeiten aus, spielte Taxifahrer, organisierte einen Ausflug in die nahe gelegene Tureni-Schlucht (Anm. d. Red: Cheile Turului) und nahm diverse Abendeinladungen wahr.

Außerdem fuhr ich gemeinsam mit einem Geschwisterpaar und Sandu ins 100 km entfernte Gherla, um dem 15jährigen Bruder und der 16jährigen Schwester zu ermöglichen, ihren Vater zu besuchen, der für 14 Jahre im dortigen Gefängnis einsitzt. Das war ein sehr nachdenklicher Sonntag für mich!

Ich danke allen Beteiligten, die mithalfen, dass auch diese Fahrt zu einem Erfolg wurde. Mulțumesc!

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