von Annette Kirchner-Schröder

Allzu schnell war das Jahr nach dem letzten Hilfseinsatz vergangen. Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, Energieknappheit … die Welt zeigt sich krisengeschüttelt. Bei all dem, was wir aufgrund der veränderten Weltlage selbst aushalten müssen, sollten wir daran denken, dass die Probleme der Menschen, deren Alltag ohnehin von Mangel geprägt ist, durch die neue Situation noch größer werden.

Alte Sorgen verschwinden nicht, nur weil neue auftauchen.

So machten sich mein Sohn Lukas und ich auf den Weg nach dem 1.500 km entfernt gelegenen Luncani, einem kleinen Dorf in Siebenbürgen (Rumänien). Bereits im Laufe des Jahres verbrachte ich mehrmals dort Zeit und wurde oft angesprochen, wann ich endlich wieder meine kleine Praxis aufbaue. Daher wusste ich, dass viele Menschen bereits seit Monaten ihre Schmerzen ertrugen und sehnsüchtig auf uns warteten.

Unser Zimmer, dass normal als Schlafraum für Jugendliche dient, war bereits bestens von Sandu Pop, meinem langjährigen Assistenten vor Ort und seinen Helfern hergerichtet. Der Zahnarztstuhl nebst Lampe war montiert, die mobile Einheit bereits getestet, die Kisten mit den Instrumenten und Materialien standen zum Auspacken bereit. Auf den Tischen lagen blütenweiße Tücher und der Sterilisator war angeschlossen.

Nach zweistündiger Vorbereitung unsererseits konnten die ersten Patienten untersucht werden. Jeder bekommt dort zuerst eine neue Zahnbürste und eine Zahncreme geschenkt und muss sich im Waschraum die Zähne putzen.

Für viele Erwachsene war es der erste Zahnarztbesuch ihres Lebens, denn wir behandelten erstmals Leute aus der 15 Kilometer entfernten Romasiedlung Luduș. Zwangsläufig überwogen hierbei leider die Extraktionen gegenüber den Füllungen, was ich von meinen, schon lange betreuten Siedlungen in Luna und von Câmpia Turzii nicht mehr kenne.

Die Begeisterung war groß, nachdem die Angst und die Behandlung vorbei war und oft hörten wir, dass wir über leichte Hände verfügen bzw. diese aus Gold seien. Der Rumäne neigt im Allgemeinen zu einer sehr blumigen Sprache.

Nach drei Tagen machte sich Lukas auf den Heimweg, neue Impressionen und Erfahrungen im Gepäck. Sandu und ich arbeiteten noch weitere fünf Tage und so konnten auch die Menschen aus den gängigen Siedlungen zur Kontrolle oder Schmerzbehandlung erscheinen.

Insgesamt hatten wir 118 Konsultationen, bei denen wir 111 Füllungen legten, 72 Zähne extrahierten und bei gut einem Drittel der Patienten den zum Teil immensen Zahnstein entfernten. Dieser Einsatz war ein voller Erfolg und ich danke Allen, die mitgeholfen haben!