von Dr. Rüdiger Zier (E-Mail: ruediger-zier [at] t-online.de)

Einsatz auf den Kapverden, auf der Insel Santiago vom 7.11. bis 18.11.2016

Die Team-Mitglieder konnten nicht gleichzeitig anreisen, da kurzfristig umgebucht werden musste. Zahnärztin Monika Kienass und Zahnmedizinische Fachangestellte Regina Silberhorn, beide aus Flensburg, kamen am Freitag den 4.11. gegen 13.00 Uhr an, Herr Antreas Karajan, Zahnarzt aus Schwäbisch-Gmünd und ich, Dr. Rüdiger Zier, aus Bad Berneck, gegen 22.00 Uhr, nach einer Verspätung von 2 Stunden. Leider musste Frau Helene Fuchs wegen eines Todesfalls kurzfristig ihren Einsatz absagen. Wir haben dies sehr bedauert.

V.l.n.r: Dr. Rüdiger Zier, ZFA Regina Silberhorn, ZA Antreas Karajan, ZÄin Monika Kienass

Am Abend stellten wir uns gegenseitig vor, nach einem kurzen Gespräch und der notwendigen Dusche fielen wir doch ziemlich erschöpft in unsere Betten.

Dr. Ozias Fernandes

Nach Kontaktaufnahme mit Herrn Dr. Ozias Fernandes, dem “National Coordinator of Oral Health Program“ in Cape Verde, am Samstagvormittag, teilte dieser uns mit, dass ein Besuch am Einsatzort Pedra Badejo vor Beginn der zahnärztlichen Behandlung am Montag, den 7.11. nicht notwendig sei.

Somit hatten wir das bevorstehende Wochenende frei und konnten uns unter der Leitung von Monika Praia, Cidade Velha und die Umgebung anschauen. Die Zeit wurde gut genutzt, um sich näher kennen zu lernen und den Teamgeist vor Beginn der zahnärztlichen Behandlungen am Montag zu stärken. Das ist uns sehr gut gelungen.

Praia, Hauptstadt der Kapverden

Praia

Cidade Velha

Forte Real de São Filipe, Cid. Velha

Am Sonntag sichteten wir unsere Vorräte im gut sortierten Lager und bereiteten die Materialien für den nächsten Tag vor.

Appartement in Praia

Vorratslager in der Unterkunft

Montag der 7.11. war der erste Arbeitstag und der Fahrer verspätete sich um 1,5 Stunden. Die Fahrzeit zum “Centre de Saude Pedra Badejo“ betrug in etwa vierzig Minuten. Wir lernten Frederico, unseren Kollegen vor Ort, Line, unsere Helferin für Reinigung und Sterilisation und Timmy, unsere Sekretärin kennen. Es begann etwas holprig, der Strom fiel des Öfteren aus und die Behandlung bei 28 Grad ohne Klimaanlage war recht schweißtreibend und anstrengend. Trotzdem konnten wir die ersten Patienten versorgen und  lernten die Abläufe und Gewohnheiten unserer einheimischen Mitarbeiter kennen.

Wenn wir am Morgen gegen 9.00 Uhr ankamen, saßen im Wartebereich vor unserem Behandlungsraum um die dreißig  Leute und warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Manchmal hatten wir den Eindruck, dass die Patienten trotz unserer  Behandlungen nicht weniger wurden. Mittag arbeiteten wir immer durch und  zwischen 15.00 und 16.00 Uhr waren wir meist fertig. Danach galt es, das  Material zu sichten und fehlende Dinge zu notieren. Im Anschluss daran waren wir in einem nahe gelegenen Restaurant zum Essen eingeladen.

Mit zunehmender Dauer liefen die Behandlungen immer besser und nachdem wir die örtlichen Begebenheiten kannten, schritten wir zur Selbsthilfe. Antreas löste den Kabelsalat auf, die Wackelkontakte wurden beseitigt; der Umgang mit Material und Gerät wurde immer besser, der Strom fiel nur noch selten aus. Die Zusammenarbeit mit Frederico entwickelte sich nach einem kurzen Gespräch sehr positiv.

Somit konnten wir nach etwas verzögertem und schwerfälligen Beginn ein positives Fazit nach Ende der ersten Arbeitswoche ziehen.

Am bevorstehenden Wochenende machten wir einen Ausflug  in den Nordwesten der Insel, nach Tarrafal. Monika führte uns dabei an Orte, die wir alleine nicht gefunden hätten. Nach einer Übernachtung in einem einfachen Hotel am Strand kehrten wir am Sonntagnachmittag ausgeruht und voller Tatendrang in unser Appartement in Praia zurück.

Die zweite Woche unseres Einsatzes verlief reibungslos. Die Zusammenarbeit unter uns wurde immer besser und auch mit Frederico kooperierten wir sehr gut. Einige Behandlungen werden uns bei der großen Anzahl der Patienten dennoch länger in Erinnerung bleiben; einem 16jährigen Mädchen mussten wir einen völlig zerstörten linken oberen Schneidezahn extrahieren, einem 14jährigen Jungen wurde der abgebrochene obere Schneidezahn aufgebaut – sein Lachen wird uns noch lange in Erinnerung bleiben – und Regina entfernte bei einem 57-jährigen Mann zum ersten Mal in dessen Leben Zahnstein.

Auch waren unter den vielen kariös zerstörten Gebissen zwei, die völlig kariesfrei waren und lediglich der Zahnstein-und Konkremententfernung bedurften.

Prof. Tuul Macher im Gespräch mit Dr. Rüdiger Zier, Dr. Fernandes

Am Donnerstag, den 17.11.2016 besuchten uns Frau Prof. Tuul Macher, DWLF-Geschäftsführerin und ihr Mitarbeiter, Herr Kurt O. Wörl sowie Dr. Fernandes. Wir diskutierten, wie es weitergeht auf den Kapverden und was zu ändern und zu verbessern sei. Dieser Tag war unser letzter Tag der Zahnbehandlung und derjenige mit den meisten Patienten.

Am Freitag, den 18.11. besuchten wir ein kommunal geleitetes Heim, in dem Kinder, deren Eltern diese aus irgendwelchen Gründen vernachlässigen, tagsüber betreut werden. Antreas klärt auf über die Entstehung der Karies, Zahnputztechnik und gesunde Ernährung. Wir verteilen Zahnbürsten und kleine Geschenke und müssen erkennen, dass diesen Kindern wahrscheinlich existentielle Fragen wichtiger sind als die Bedeutung von Mundhygiene und gesunder Ernährung. Dennoch sollten wir nicht nachlassen, Gruppenprophylaxe durchzuführen.

Anschluss daran werden wir von der Klinikleiterin verabschiedet, die sich für unseren Einsatz bedankte. Wir verabschieden uns von Line, Timmi und Frederico, verteilen kleine Geschenke und machen einige Erinnerungsfotos. Frederico beteuert uns, wie sehr er es schätzt, dass wir derartige humanitäre Hilfe in seinem Heimatland leisteten.

Wir überprüfen nochmals die Behandlungseinheiten, sortieren Materialien und Instrumente, erstellen eine Mängelliste und fahren stolz und zufrieden zu unserem Appartement nach Praia zurück.

Die Arbeit ist beendet und wir freuen uns auf einige Tage Urlaub auf der Insel Fogo.

Ein kurzes Fazit: Die letzen zwei Wochen waren für uns sehr beeindruckend. Wir haben mehr als 250 Patienten aller Altersstufen von 3 bis 85 Jahren behandelt, wir haben durch Einzel-und Gruppenprophylaxe um die 100 Kinder erreicht, mehr als 200 Zähne gezogen, fast eben genauso viele Füllungen gelegt und um die siebzig Mal Zahnstein und Konkremente entfernt. Aber abgesehen von all diesen Zahlen, die ohne Zweifel einen materiellen Wert darstellen, mussten wir erkennen, wie gut es uns eigentlich geht. Wir wurden sozusagen wieder geerdet. Wir sind im Laufe der Tage ein gehörig Maß gelassener geworden und haben gelernt, Dinge, die wir aus eigener Kraft nicht ändern konnten, geduldig hinzunehmen.

Ein großer Dank gilt unserem Team. Die zwei Wochen verliefen sehr harmonisch. Es gab keine Grüppchenbildung, jede und jeder behandelte mit jedem und fachlich haben wir uns gegenseitig unterstützt. Wir haben alle voneinander gelernt. In langen Gesprächen und Diskussionen haben wir uns mit verschiedenen Themen auseinander gesetzt nicht nur mit der Zahnmedizin und dabei sehr viel Spaß gehabt.

Ich möchte nicht versäumen unserem Kollegen Dr. Frederico Carvalho herzlich zu danken. Er hat uns als Dolmetscher sehr geholfen, kleine Reparaturen an den Einheiten durchgeführt und er ist nicht zuletzt ein guter Zahnarzt, die Extraktionen beherrscht er wie so schnell kein zweiter.

Unser Dank gilt neben  Line und Timmi auch den Fahrern, die uns immer sicher von Praia nach Pedra Badejo gebracht haben.

Zum Schluss will ich noch auf das Engagement unsere Kollegin Monika Kienass hinweisen. Sie hat vor 20 Jahren den Verein „Fogos Kinder“ gegründet und betreut seit dieser Zeit Kindergärten auf  der Insel Fogo. Monika hat uns mit ihren Sprachkenntnissen und ihrem Wissen über die Situation vor Ort tatkräftig unterstützt. Dafür sage ich herzlichen Dank im Namen aller Mitglieder des Teams.