von Lina Schmauch und Anna-Sophie Hoestermann
Am 09.03.2023 brachen wir,
- Agnes Katona (AD, GL),
- Lina Schmauch (ADH) und
- Anna-Sophie Hoestermann (ADH),
mitten in der Nacht in unser großes Abenteuer Kap Verde auf. Nach einem reibungslosen Flug kamen wir in der afrikanischen Hitze an und wurden erst einmal am Flughafen vergessen. Ab da wussten wir: das kapverdische Motto „No Stress“ sollten wir uns die nächsten Wochen zu Herzen nehmen. Nachdem wir den ersten Tag für ein bisschen Sightseeing in Praia, der Hauptstadt von Santiago, nutzen konnten, ging es am Samstag zu unserem Einsatzort Assomada. Dort lernten wir Dr. Estella kennen und mussten uns unserer ersten Herausforderung stellen: den Behandlungsraum, inkl. Stühle und Behandlungseinheiten, aufzubauen.
Am Montag folgte der erste richtige Arbeitstag, dem wir mit gleichermaßen Respekt und Vorfreude entgegenblickten. Von da an behandelten wir ca. 15-20 Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren unter Bedingungen, die sich komplett von deutschen Standards unterscheiden. Trockenlegung war schwierig bis unmöglich zu erreichen, es gab keine Drehzahlkontrolle am Winkelstück und unser Motor tropfte so stark, dass unsere kleinen Patienten zu ihrer Zahnbehandlung oft noch eine gratis Dusche bekamen. Wir konzentrierten uns auf die akut behandlungsbedürftigen Zähne, die leider in gehäufter Zahl auftraten. Es verlangte überlegte Entscheidungen, welche Eingriffe wir durchführen wollten, da die zumutbare Behandlungsspanne bei Kindern doch um einiges geringer ist als bei Erwachsenen. Zudem mussten wir uns aus der Angst befreien, die viele Kinder mit in die Behandlung brachten, da sie ZahnärztInnen nur mit Zähnen ziehen unter schmerzhaftesten Bedingungen kannten. Das schönste Gefühl für uns war, als wir nach dem Demonstrieren von Luft, Aqua und Sauger in Kinderaugen blickten die bereitwillig ihren Mund aufrissen und uns damit ihr Vertrauen schenkten. Die Kommunikation mit den Kindern gestaltete sich aufgrund der Sprachbarriere anfangs schwierig, jedoch lernten wir mit Händen und Füßen und einigen aufgeschnappten Worten portugiesisch immer besser uns zu verständigen. Die Redewendung „Abre Boca! – Mund öffnen!“, werden wir lebenslang wohl nie wieder vergessen.
Jeden Tag erwarteten uns neue Herausforderungen und wir wuchsen über uns selbst hinaus. Wurde Extraktionen am Anfang noch mit einer gewissen Unsicherheit begegnet, zogen wir am Ende unserer Zeit sowohl Milch- als auch bleibende Zähne souverän, entfernten Wurzelreste selbstständig und legten Füllungen in Rekordzeit wie Profis.
Die Klinik drückte ihre Dankbarkeit gegenüber unserer Arbeit mit vorzüglichem Essen aus und wir freuten uns jeden Tag auf ein wunderbar leckeres Angebot aus Fleisch, Fisch und Gemüse. Am Ende des Tages wurden wir mit absoluter Erschöpfung und gleichzeitiger Freude über alle zahnärztlichen Eingriffe im Gepäck, nach Hause gefahren.
Nach der ersten Woche Arbeit gönnten wir uns ein paar Tage Urlaub in dem wunderschönen Örtchen Tarrafal. Unter Palmen lasen wir genüsslich und konnten die Schönheit des Atlantiks, mit kristallklarem türkisenem Wasser, kaum glauben. Außerdem machten wir noch einen Ausflug zum ehemaligen Konzentrationslager außerhalb des Ortes, welcher bleibenden Eindruck hinterließ.
Gut erholt und mit dem einen oder anderen Sonnenbrand (unbedingt ausreichend Sonnencreme mitnehmen, dort rares Gut!) starteten wir in die letzten vier Tage Klinikalltag. Wehmütig packten wir alle sortierten Behandlungsmaterialien am letzten Tag zusammen. Obwohl man „nur“ zwei Wochen vor Ort war, hat man die Menschen und ihre Lebensfreude schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen. Das Mittagessen und die lustigen Gespräche mit Dr. Estella und Euridis werden wir vermissen, das war uns allen bewusst.
Der krönende und zutiefst berührende Abschluss gestaltete sich als Schulbesuch der Kinder, die wir teilweise in den zwei Wochen selbst behandelt hatten. Wir wurden mit vielen winkenden Händen von ungefähr 100 Kindern empfangen. An Zahnmodellen zeigten wir gemeinsam mit den Kindern wie man sich richtig die Zähne putzt. Im Anschluss wurde für uns gesungen und wir kamen in den Genuss, uns kleine, selbstgeprobte Theaterstücke anschauen zu dürfen. Natürlich verteilten wir am Ende auch fleißig Zahnbürsten, worüber sich alle riesig freuten!
Sowohl fachlich als auch menschlich haben uns diese Wochen auf den Kapverden herausgefordert, geprägt und werden uns ein Leben lang begleiten.
Bedanken möchten wir uns bei Dr. Estella, die uns eine große Hilfe war, uns nicht nur fachlich, sondern auch mit viel Humor und Schokolade zur Seite stand. Unserer Übersetzerin Eridis, die so wundervoll mit den kleinen Patienten umgegangen ist und ihnen die Angst vor dem Unbekannten nehmen konnte. Der Klinik in Assomada für die zur Verfügungstellung der Räume und der frischen und leckeren Verpflegung über die gesamte Zeit. Und vor allem jede(r) einzelne, kleine Patient:in, der/die sich von uns behandeln lassen und uns sein/ihr Vertrauen geschenkt hat. Obrigada!