von J. Gösling

Einsatzbericht Kapverden, Februar 2017

Praia im Februar, 26 Grad, sonnig. Nach der Ankunft am Samstagmittag auf den Kapverden wurde der Nachmittag für die Sichtung des Materiallagers in der Unterkunft genutzt. Der Sonntag diente der ersten Besichtigung des Behandlungsraums, Einsortieren des mitgebrachten Materials und zum Aufteilen der gewünschten Behandlungsinstrumente, bevor am Montag der erste Arbeitstag begann.

Einbestellt waren im Schnitt etwa 30 Patienten plus Schmerzfälle. Auch wenn die Behandlung von weniger Patienten ausgemacht war, haben wir natürlich keinen der seit 8 Uhr Wartenden unbehandelt weggeschickt. Insgesamt wurden so 194 Zähne mit Füllungen restauriert, 175 Zähne bzw. Wurzelreste gezogen und 177 01en durchgeführt. Hinzu kommen diverse andere Arbeiten. Insgesamt wurden 275 Patienten kostenlos behandelt. Am „Schultag“, dem letzten Freitag, haben wir mit insgesamt 240 Kindern zwischen sechs und zehn Jahren Zähneputzen geübt.

Während der zwei Wochen haben wir viele Wörter und Begriffe gelernt, um mit den Patienten zu kommunizieren, da ein Dolmetscher nicht zur Verfügung stand. Dank Google-Übersetzer und mit Hilfe der Zahnärztin vor Ort klappte auch die Kommunikation des nur englisch sprechenden Teils des Teams trotzdem weitestgehend.

Nicht nur traurig, sondern auch nicht ganz einfach zu ziehen, sind die vielen tief zerstörten Sechser der kleinen Patienten. Der Umgang mit den Kindern war deutlich härter, als aus Deutschland gewohnt und wir haben versucht, die eine oder andere Mutter freundlich zu beruhigen, wenn es uns zu bunt wurde. Gleichzeitig machte uns dieses Verhalten den Druck, unter dem einige der Wartenden standen, deutlich. Viele konnten sich eine Behandlung nicht leisten, die kostenfreie Möglichkeit sollte deshalb unbedingt gut genutzt werden. Nicht selten wurde auch der Wunsch an uns herangetragen, möglichst viel zu „erledigen“.

Gerade die kleinen Patienten waren oft sehr tapfer, zumal unsere Kommunikation selten so kindgerecht, wie aus Deutschland gewohnt, ablief. Aber auch durch Körpersprache und Gestik ist eine Verständigung zumeist möglich und Hand halten und drücken funktioniert ganz ohne Sprache. Bei besonders ängstlichen Patienten kamen auch mal Seifenblasen zum Einsatz.

Neben vielen Kindern haben wir auch einige Erwachsene behandelt, viele mit hohem Bedarf. Wurzelreste im Seitenzahnbereich und tiefe Karies im Frontzahnbereich waren eher Regel als Ausnahme. Schwierig war immer wieder die Entscheidung zwischen Füllung und Extraktion. Auf den ersten Blick kleine kariöse Stellen dehnten sich nicht selten zu tiefsten Läsionen aus. Füllungen sind für viele Leute vor Ort fast unerschwinglich. Hinzukommt dass der Zahnärztin in der Klinik ausschließlich Spritzen, Hebel und Zangen zur Verfügung stehen. Eine Extraktion kostet bei ihr etwa 600 Escudos, ca. 6 Euro. Dr. Fernandes benutzt in der eigenen Praxis auch Amalgam, uns stand es nicht zur Verfügung.

Den Wunsch nach Zahnreinigung haben wir, – bis auf medizinisch notwendige Fälle – abgelehnt. Insgesamt war das Arbeiten mit den unterschiedlichen Materialien vor Ort interessant. Jede Gruppe hinterlässt andere Werkzeuge und Materialien, wie Matrizensysteme oder Kunststoffe.

In der Klinik lagen mittags für die Mitarbeiter und uns Bananen und Papaya bereit. In der zweiten Woche wurden wir dazu noch mehrmals bekocht. Es gab verschiedene Ausführungen von Cachupa, dem Nationalgericht, basierend auf Mais, Maniok, Bohnen und Thunfisch bzw. Geflügel. Dazu gab es Maistaschen und Maniokbällchen. Trotz sehr umständlicher Verständigung war die Stimmung im Aufenthaltsraum sehr gut, wir haben viel zusammen gelacht und so einiges über das Land und die Menschen erfahren.

Das Wochenende haben wir im in Tarrafal verbracht. Dort konnten wir am Strand entspannen, schwimmen, tauchen oder schnorcheln gehen.

Magdalena, die Psychologin am Centro de Saude Santo Antonio, wo wir gearbeitet haben, erklärte uns zu Beginn das Wichtigste und gab uns am letzten Tag nochmal einen Einblick in eines der weniger wohlhabenden Gebiete. Gekocht wurde auf dem offenen Feuer vor der Haustür und in einem kleinen Haus, bestehend aus einem einzigen Raum, lebte eine ganze Familie. Magdalena ist eine unglaublich gut vernetzte, warmherzige und engagierte Frau, die sich um die Menschen vor Ort kümmert. Entsprechend wurde sie, und damit wir, überall willkommen geheißen.

Die Schule hörte man schon von weitem, allerdings nicht wegen Kindergeschrei, sondern der Diskomusik. Auf dem Schulhof fanden wir dann tanzende, tobende, gut gelaunte Kinder. Ein Mädchen im Rollstuhl wurde abwechselnd von anderen Kindern geschoben und nur Sekunden  nachdem wir den Schulhof betreten hatten, war die Hälfte der Gruppe in die Polonäse integriert.


Magdalena
war es auch, die mit uns am letzten Tag noch nach Cidade Velha gefahren ist. Ein schön gelegenes Dorf, deutlich ruhiger, aber auch touristischer als Praia. Eine alte Kirchenruine nutzten die Kinder dort zum Fußball spielen – mit dem Altarbereich als Tor. Dank ihr haben wir das Land so noch einmal ganz anders kennengelernt. Im Nachhinein hätten wir diesen Ausflug viel früher machen sollen.

Trotz Sprachbarriere war das Verhältnis zu den Angestellten der Klinik nach den zwei Wochen freundschaftlich und unser Abschied aus der Klinik entsprechend lang und herzlich.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Depots und Firmen für die Spenden bedanken, ohne die dieser Einsatz gar nicht möglich gewesen wäre.