Bericht von Lola Hofweber (E-Mail: hofweber.lola [at] googlemail.com

Unser gemeinsames Abenteuer startete am 28.09.2024 mit dem Flieger, auf dem Weg nach Praia (Kapverden). Meine ehemalige Studienkollegin Ellen Guretzki und ich (Lola Hofweber) lernten unsere beiden Team-Mitglieder, die Zahnärztinnen Dr. Jutta Beck und Dr. Dr. Leonide Staatsberger, bereits über einige Videoanrufe kennen und die Freude war groß, als wir uns am Flughafen alle zum ersten Mal in die Arme schließen konnten.

Unser Einsatz-Team also:

  • Dr. Jutta Beck (AD+GL)
  • Dr. Dr. Leonide Staatsberger (AD)
  • Lola Hofweber (als ADH)
  • Ellen Guretzki (als ADH)

Nach einem langen Reisetag mit einigen Stunden Aufenthalt in Lissabon, kamen wir schließlich an unserem Ziel an. Der Kulturschock begann in dem Moment als wir aus dem Flugzeug ausstiegen, gegen eine Wand aus feuchter, 30 Grad warmer Luft liefen und uns über das Rollfeld in Richtung der kleinen Ankunftshalle begaben. Nachdem wir uns alle mit Escudos (die kapverdische Währung, mit dem Euro kommt man hier nämlich nicht sehr weit) und Mobilfunkkarten eingedeckt hatten, brachte uns eine wilde Taxifahrt durch die Nacht schließlich in das Hotel Cesaria – unser zu Hause und Rückzugsort für die zwei gemeinsamen Behandlungswochen.

Am nächsten Morgen, nach einer wohlverdienten Mütze Schlaf, machten wir uns auf den Weg, unsere Umgebung zu erkunden. Belebte Straßen und Märkte, rasante Fahrten mit den kapverdischen Sammeltaxis „Collectivo“ und die schöne Weltkulturerbe Stadt Cidade Velha konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Aber selbstverständlich waren wir nicht nur zum Spaß hier, sondern starteten voller Tatendrang am Montag in den ersten Arbeitstag.

Der Behandlungsraum befand sich in der „Fazenda“ von Praia, in einer Art Ärztehaus. Es war alles vorhanden, was wir zum Behandeln brauchten, auch wenn es ein bisschen Zeit gedauert hat, bis wir uns richtig zurechtgefunden haben. An der einen oder anderen Stelle war durchaus etwas Improvisationstalent gefragt, zum Beispiel als die chinesische Behandlungseinheit immer mal wieder beschlossen hat sich abzuschalten, weil sie zu warmgelaufen war oder wenn zwischendurch für einige Minuten der Strom ausfiel.

Essenziell wichtig waren auf jeden Fall unsere Stirnlampen, die uns trotz sehr spärlicher Beleuchtung ermöglicht haben mit Übersicht zu behandeln.

Ein weiterer Tipp, den ich mitgeben möchte, ist reichlich Handschuhe mitzunehmen. Meine Ration war bereits nach der ersten Woche aufgebraucht (was mitunter aber auch daran liegen könnte, dass das eine oder andere weinerliche Kind einen Handschuhelefanten zur Ablenkung bekommen hat).

In unserer Behandlungszeit haben wir 143 Patienten mit 102 Extraktionen, 66 Versiegelungen, 217 Füllungen und vielem mehr versorgt.

Auch wenn es sich bei der schieren Menge an medizinisch unterversorgten Patienten nach einem Tropfen auf einen heißen Stein anfühlt, sind wir trotzdem sehr stolz auf jeden einzelnen Menschen, dem wir ein Stückchen weiterhelfen konnten.

Besonders bewegt haben uns die vielen Kinder, die leider nicht selten mit einem komplett kariösen Milchgebiss oder sogar komplett zerstörten Sechsern zu uns kamen. Jeder Patient hat von uns eine Zahnbürste und Zahnputzinstruktionen mitbekommen (soweit es die Kommunikation zuließ) in der Hoffnung, dass sich, trotz steigendem Zuckerkonsums, die Mundhygiene zukünftig immer weiter verbessert.

Mit dieser Mission haben wir auch eine Grundschule und eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderung besucht. Agatha, eine einheimische Zahnärztin, die uns in den zwei Wochen begleitet hat, erklärte den Kindern die richtige Zahnputztechnik und als kleines Dankeschön wurde uns sogar ein Lied gesungen.

Mein Highlight neben der Arbeit war aber definitiv das Land zu erkunden. Praia ist, wie uns von vielen Einheimischen bestätigt wurde, der am wenigsten Sehenswerte Fleck der Kapverden. Am Wochenende erkundeten wir die Insel Santiago und verbrachten eine Nacht in Tarrafal, wo wir den schönen Strand und das gute Essen sehr genossen haben.

Unsere Hin- und Rückfahrt unterbrachen wir an vielen Stellen, weil wir so überwältigt von der unberührten Natur Santiagos waren und uns den einen oder anderen Foto-Spot nicht entgehen lassen konnten. Der ungewöhnlich starke Regenfall der vorherigen Wochen hat dafür gesorgt, dass die ganze Insel in sattes Grün gehüllt war.

Der etwas unschöne Nebeneffekt war leider, dass die vielen Pfützen ein Brutparadies für Mücken darstellten, was zu einem lokalen Ausbruch des Denguefiebers geführt hat. Mückenschutzspray (wir können Antibrumm gegen Tigermücken sehr empfehlen) war also ein absolutes Muss!

Aber nicht nur Santiago ist eine Reise wert! Ellen und ich haben anschließend an die Behandlungszeit noch einige Tage die Nachbarinsel Maio erkundet und Leonide hat Boa Vista einen Besuch abgestattet. Jede Insel hat ihren eigenen Charme und wenn es die eigene Urlaubsplanung zulässt, können wir in jedem Fall empfehlen, die Kapverden als Urlaubsland auch über die Behandlungszeit hinaus zu erkunden.

Abschließend kann ich auf jeden Fall sagen: Das Lebensmotto „No Stress!“ ist hier wirklich allgegenwärtig.

  • Fünf Stunden warten, bis man beim Zahnarzt drankommt? – No Stress!
  • Eine halbe Stunde nach verabredeter Zeit den Taxifahrer anrufen, der noch entspannt daheimsitzt? – No Stress!
  • Über eine Stunde im fast leeren Restaurant auf das Essen warten? – No Stress!

Für uns vier Deutsche, mit kaum bis gar keiner Afrikaerfahrung, war es definitiv eine große Umstellung von unserer anerzogenen Pünktlichkeit und Korrektheit Abstand zu nehmen und uns voll auf das kapverdische Lebensgefühl einzulassen. Aber ich kann sagen, es lohnt sich!

Egal ob launische Behandlungseinheiten, Autopannen mitten im Nirgendwo, Kommunikation mit Händen und Füßen und explosivem Brechdurchfall, wir haben es mit Humor genommen. So konnten die Wochen auf den Kapverden zu einer der aufregendsten, lehrreichsten und schönsten Erfahrungen meines Lebens werden, die ich sicher niemals vergessen werde!