von ZÄin Vera Rehberger (E-Mail: rehberger.vera [at] gmail.com)

Durch einen Jobwechsel in Deutschland ergab sich für mich eine zeitliche Lücke und damit die Möglichkeit, gleich an zwei Projekteinheiten à zwei Wochen teilzunehmen. Vor Beginn des ersten Projektes traf ich mich in Praia mit den anderen Freiwilligen aus meinem Team für ein erstes Kennenlernen. Die Stimmung war von Anfang an sehr gut, was die Vorfreude auf unseren Einsatz weiter steigen ließ. Als wir uns kurz darauf erneut trafen, um die für uns vorgesehenen Behandlungszimmer im „Centro de Saúde“(Gesundheitszentrum) des Viertels Achada de Santo António vorzubereiten, war ich positiv überrascht davon, wie viele Materialien uns neben den von uns mitgebrachten Utensilien zur Verfügung standen. Wir konnten damit auf gutem Niveau arbeiten. Eine kleine Einschränkung war natürlich das Fehlen eines Röntgengerätes, was jedoch nur zu Beginn ungewohnt war und womit man sich schnell arrangierte. Durch den Einsatz gelang es uns, Hilfe für viele Menschen zu leisten.

Wir führten viele Kontrollen und Aufklärungen durch, letztere vor allem bei Kindern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren. Leider haben diese hier einen sehr guten Zugang zu Zucker, jedoch ist ihre Mundhygiene nur in seltenen Fällen gut genug, um die Bildung tiefer kariöser Kavitäten zu verhindern. Die Eltern überlassen die Kinder beim Zähneputzen oft zu früh oder komplett sich selbst, sodass wir auch sie in das Gespräch mit einbezogen. Des Öfteren sahen wir uns bei den Kindern gezwungen, die ersten bleibenden Seitenzähne aufgrund ihrer Zerstörung zu entfernen, damit die beiden dahinter durchbrechenden Seitenzähne die Chance haben, in diese sehr früh entstandenen Lücken zu rutschen. Die Kinder meisterten die Behandlungen in meinen Augen sehr tapfer, vor allem wenn man bedenkt, dass es oft keine leichten Eingriffe waren und dass dieser Zahnarztbesuch meist der erste für die Kinder war.

Neben Zahnentfernungen konnten wir viele Zähne mit Füllungen versorgen. Unsere Patienten freuten sich sehr über die Kunststofffüllungen, da diese im kapverdischen Gesundheitssystem nicht für die Patienten bezahlt werden. Für die meisten Patienten bleibt im Falle einer Karies auf lange Sicht nur die Zahnentfernung, da dies die einzige kostenlose Behandlung für sie darstellt. Füllungen, Wurzelbehandlungen, Kronen oder Implantate sind zwar in privaten Praxen zu bekommen, jedoch sind beispielsweise die Kosten für eine Wurzelbehandlung in vielen Fällen so hoch wie ein Monatsgehalt und für den Großteil der Patienten daher absolut undenkbar. Auf der Hauptinsel Santiago gibt es zudem nur drei Zahnärzte, die staatlich arbeiten (also in öffentlichen Gesundheitszentren) und für sie sind die zur Verfügung stehenden Mittel sehr knapp. Ihre Ausstattung ermöglicht kaum Behandlungen, die über Zahnentfernungen hinausgehen.

Der Wunsch nach nicht nur schmerzfreien, sondern auch schönen Zähnen, spielt bei den Kapverdiern durchaus eine große Rolle. So konnten wir viele Patienten nach Behandlung von größeren kariösen Frontzahndefekten sehr glücklich entlassen. Auch nach einer Zahnreinigung wurde oft gefragt. Für eine Zahnreinigung im klassischen Sinne reichte uns nicht die Zeit, aber tatsächlich traf man hier häufiger auf recht festen, tieferen Zahnstein, auch im sichtbaren Frontzahnbereich, dessen Entfernung ebenfalls zu unseren täglichen Aufgaben gehörte.

Wir ließen uns im Gesundheitszentrum sagen, dass für Behandlungen im DWLF-Hilfsprojekt besonders Menschen ausgewählt werden, die nur über geringe finanzielle Mittel verfügen. Sie erscheinen morgens an einem vorher mit ihnen vereinbarten Tag. Wir ließen uns ca. 20 Patienten pro Tag einbestellen, also zehn pro Behandlungsteam. Dabei hatten wir das Ziel, die Patienten möglichst komplett durch zu behandeln, d.h. alle nötigen Füllungen und Zahnentfernungen in dieser einen Sitzung zu erbringen, denn für einige ist dieser Besuch der erste und vielleicht auch letzte Zahnarztbesuch im Leben.

Bei oft nicht so belastbaren Kindern oder Patienten, mit sehr hohem Behandlungsbedarf, konnten wir hin und wieder auch einen zweiten Termin vereinbaren. Dies war jedoch nicht immer möglich, da im DWLF-Standort in Achada de Santo António „nur“ zwei bis drei Einsätze im Jahr stattfinden. Die anderen Einsätze finden in anderen Kliniken in Praia oder sogar in anderen Städten der Hauptinsel Santiago statt. Ausstehende Behandlungen lassen sich also kaum an das nächste behandelnde Team übergeben.

Generell ist es sehr hilfreich, vor dem Einsatz ein wenig Portugiesisch zu lernen. Dies ist zwar hier nur Amtssprache und nicht alle Kapverdier sprechen Portugiesisch, jedoch erleichtert vor allem ein wenig zahnmedizinischer Grundwortschatz die Behandlung. Die Muttersprache und auch im Alltag verwendete Sprache ist das sogenannte Kreol. Einige Kapverdier sprechen auch Französisch oder Englisch. Ansonsten hilft Elisabeth ebenfalls beim Übersetzen. Sie ist die Zahnärztin, die das Projekt in dem Zentrum von kapverdischer Seite aus mitbetreut. Sie kümmert sich auch um die Organisation weiterer Abläufe, wie zum Beispiel den Schulbesuch, bei dem sie uns begleitet, und das Vergeben von Patiententerminen und Rezepten. Zur Hilfe standen uns außerdem noch zwei weitere Frauen der Klinik, Angela und Darvia.

Die sprachliche Barriere, das eher ungewohnte Arbeiten mit der mobilen Einheit und der teils hohe Behandlungsbedarf der einzelnen Patienten führte oft dazu, dass man aus der eigenen Komfortzone herausgeholt wurde. Dafür wurde man mit der großen Dankbarkeit der Patienten belohnt und mit den schönen Erfahrungen, die die Zusammenarbeit mit den einheimischen Mitarbeitern des Zentrums und mit den anderen Freiwilligen aus Deutschland mit sich brachte.

Als das Hilfsprojekt für mich begann, hatte ich bereits eine zweiwöchige Reise auf die Kapverden hinter mir. Dabei war ich von Anfang an beeindruckt davon, mit welcher positiven und starken Haltung die Menschen ihr Leben auf den Inseln meistern und das obwohl sie zu einem großen Teil mit Problemen zu kämpfen haben wie z.B. die nicht einfache Sicherung des Lebensunterhalts. Die Kapverdier begegneten mir sehr hilfsbereit, interessiert und offen und die Kultur scheint stark dadurch geprägt zu sein, dass viele von ihnen einmal im Ausland gelebt haben oder es noch vorhaben. Oft leben Familienmitglieder im Ausland, beispielsweise zum Studieren oder Arbeiten. Hin und wieder bemerkt man europäische, nord- und südamerikanische Einflüsse und doch behält man das Gefühl, wirklich in Afrika zu sein, vor allem wenn man einen der größeren Märkte in Praia (Sucupira-Markt) oder Assomada besucht. Es ist sehr empfehlenswert, dort ein frisch zubereitetes Mittagessen inmitten des Markttrubels einzunehmen und das Drumherum auf sich wirken zu lassen.

Es bieten sich viele Möglichkeiten an, Landschaft und Kultur der Kapverden besser kennenzulernen. Die Hauptstadt Praia lädt zum Baden, Spazieren (z.B. an der Küste von Palmarejo), zum Bummeln auf dem Markt oder zum Verweilen in Cafés oder Restaurants ein.

Am Wochenende kann man im Rahmen einer Inselrundfahrt weitere Städte, Badestrände oder das bergigere Inselinnere um Assomada herum erkunden. Wenn man Glück hat findet man diese Gegend sogar in saftigem Grün vor und kann die große Vielfalt der heimischen Pflanzenarten bewundern. Hat man mehr Zeit zur Verfügung, lohnt auch ein Ausflug zu einer der Nachbarinseln, z.B. zur absolut beeindruckenden Vulkaninsel Fogo. Die Kapverden hinterlassen wirklich einen bleibenden Eindruck. An die freundlichen Gesichter und das wohltuende Klima denke ich noch oft zurück. Die Teilnahme an diesem Projekt kann ich sehr empfehlen.