Bericht von Antonia Felix
Für unseren zahnmedizinischen Einsatz auf den Kapverden waren ursprünglich in den ersten beiden Februarwochen 2025 die Behandlung der Patienten und eine anschließende einwöchige Erkundung der noch wenig touristisch erschlossenen Insel Santiago geplant. Doch die Reise nahm eine unerwartete Wendung und dies machte sich erst bemerkbar, als wir schon auf der Insel landeten.
Unser (geplantes) Team:
- Dres. Wolfgang und Ute Kehl (GL/AD)
- Mia Strohm (ADH)
- Antonia Felix (ADH)
Ein unerwarteter Verlust
Kaum auf der Insel angekommen, erreichte uns eine erschütternde Nachricht: Frau Dr. Ute Kehl, die gemeinsam mit ihrem Ehemann, Dr. Wolfgang Kehl, unsere Gruppenleiter gewesen wären, befand sich in einem kritischen Gesundheitszustand. Bereits am folgenden Tag unserer Ankunft musste sie im Krankenhaus in Praia notoperiert werden. Frau Dr. Kehl überlebte tragischerweise, trotz aller Bemühungen der Ärzte, die Operation nicht und verstarb am 3. Februar 2025.
Der Schock über diesen plötzlichen Verlust war für alle Angehörigen, aber auch für uns als neu dazugekommene Einsatzkräfte, überwältigend. Gemeinsam mit einer engen Freundin des Ehepaars, die zeitgleich mit uns angereist war, versuchten wir, Wolfgang in dieser schweren Zeit so gut wie möglich beizustehen. Auf seinen Wunsch hin wurde Ute in Cidade Velha, einem Nachbarort der Hauptstadt Praia, beigesetzt.
Der bewegende Trauergottesdienst in der katholischen Kirche, gefolgt von der Beisetzung auf einem Friedhof direkt am Meer, war sehr eindrucksvoll. Besonders berührend für uns beide war es zu sehen, wie viele enge Freundschaften die Kehls während Ihrer 21 Einsätze auf der Insel geknüpft hatten. Rund 200 Einheimische, Bekannte, Freunde und Kollegen waren gekommen, um Abschied zu nehmen – ein Zeichen für die tiefe Verbundenheit und Anerkennung, die sie durch ihre Hilfseinsätze dort hinterlassen hatte.
Zahnmedizinische Hilfe trotz schwerer Umstände
Trotz der Trauer und des unerwarteten Verlustes warteten zahlreiche Patienten auf eine Behandlung – für viele die einzige Gelegenheit in ihrem Leben, einen Zahnarzt aufzusuchen. In Absprache mit Wolfgang entschieden wir uns daher, die Arbeit fortzusetzen, die eigentlich gemeinsam mit seiner Frau geplant war.
Über vier Behandlungstage hinweg – weniger als ursprünglich vorgesehen, aber dennoch intensiv – konnten wir vielen Menschen helfen. Pro Tag behandelten wir gemeinsam mit Wolfgang etwa 16 Patienten und führten eine Vielzahl an Extraktionen sowie Füllungen unter Anästhesie durch. Es war beeindruckend, mit welcher tiefen Dankbarkeit die Patienten die Behandlungen annahmen und trotz der nicht immer leichten Eingriffe sehr geduldig waren. Leider sahen wir viele kariöse Gebisszustände und auch bei den Kindern im Wechselgebiss mussten teilweise schon bleibende Seitenzähne extrahiert werden, was wir so in Deutschland noch nie erlebt hatten. Auch die frühe Frontzahnkaries ist auf der Insel ein Problem, da die Kinder viele zuckerhaltige Getränke und Süßigkeiten bekommen, was leider vor allem an mangelndem Wissenstand der Eltern sowie der ungenügenden Aufklärung liegt.
Im Rahmen der nötigen Prävention und Aufklärung über die Mundhygiene fuhren wir an unserem letzten Behandlungstag in eine Grundschule, die sich in einem ärmeren Viertel Praias befand. Dort klärte eine kapverdische Zahnärztin, Dr. Elisabeth Correia Rodriguez Tavares, zwei erste Klassen über richtige Putztechniken und Ernährung auf und wir verteilten an jedes Kind eine Zahnbürste – für manche war es die erste in ihrem Leben. Diese Erfahrung hat uns nachhaltig geprägt und uns vor Augen geführt, wie wichtig diese Einsätze für die lokale Bevölkerung sind.
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Einblicke in das Leben auf den Kapverden
Neben unserer zahnmedizinischen Arbeit bekamen wir dank eines Freundes der Kehls, der zur Zeit in Praia lebt, die Möglichkeit, die Insel aus einer ganz anderen Perspektive kennenzulernen. Eine beeindruckende Wanderung führte uns nach Sao Domingos/Rui Vaz, von wo aus wir einen atemberaubenden Blick auf den Pico da Antónia, ein zentraler Berg der Insel Santiago mit rund 1.300 m Höhe und die umliegenden Dörfer genießen konnten. Dabei erhielten wir spannende Einblicke in die Landwirtschaft und Flora und Fauna der Region. Trotz der anhaltenden Dürre haben die Menschen beeindruckende Wege gefunden, ihre Felder fruchtbar zu halten und sich den herausfordernden Bedingungen anzupassen.
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Die letzten fünf Tage unserer Reise verbrachten wir in Tarrafal, einer kleinen aber wunderschönen Urlaubsgegend im Norden der Insel. Die Strände, die Natur und die entspannte Atmosphäre boten einen guten Abschluss dieser intensiven Zeit. Geplant hatten wir unter anderem eine Schnorcheltour und die Besichtigung der berühmten Natural Pools, doch der kräftige Wind machte dies leider unmöglich. Dennoch bot dieser Ort einen schönen Abschluss auf der einzigartigen Insel.
Ein unvergesslicher Einsatz
Dieser Einsatz war eine Erfahrung, die wir so schnell nicht vergessen werden. Auch wenn die eigentliche Behandlungsarbeit nicht im Mittelpunkt stand, war es eine zutiefst bewegende und wertvolle Zeit. Der plötzliche Verlust von Frau Dr. Ute Kehl hat uns alle erschüttert, doch gleichzeitig war es beeindruckend zu sehen, welche tiefe Verbindungen sie und ihr Mann über die Jahre zu den Menschen vor Ort aufgebaut hatten.
Wir können einen Einsatz auf den Kapverden nur empfehlen – nicht nur aufgrund des medizinischen Bedarfs, sondern auch wegen der Herzlichkeit der Bevölkerung. Wir wurden dort mit offenen Armen empfangen und die Menschen waren dankbar für jede Hilfe, die sie erhielten. Wer sich auf dieses Abenteuer einlässt, nimmt nicht nur fachlich viel mit, sondern gewinnt auch wertvolle persönliche Eindrücke.
Zahnärzte ohne Grenzen bittet um Unterstützung:
Altgoldsammeln für ein neues Kinderlächeln
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