Bericht von Muminah Mohabbat

Manchmal läuft einfach alles genau so, wie es soll – ohne Hürden, ohne Stress, aber mit umso mehr erfüllenden Momenten. Meine ehrenamtliche Reise nach Sambia war genau so eine Erfahrung. Von der Planung bis zur Rückkehr fühlte sich alles erstaunlich unkompliziert an, als hätte sich jedes Puzzlestück von selbst an den richtigen Platz gefügt. Vielleicht lag es an der Herzlichkeit der Menschen, vielleicht an der Klarheit meiner Aufgabe – oder einfach daran, dass jede Begegnung und jede Herausforderung auf ihre eigene Weise bereichernd war.

Aufbruch in ein neues Abenteuer

Vor der Reise hatte ich mich bei Dentists Without Limits Foundation (DWLF) gemeldet – ohne genau zu wissen, was mich erwarten würde. Doch schon zwei Tage später klingelte mein Telefon, und am anderen Ende war Dr. Hans Hugo Wilms, ein erfahrener Kollege, der mit den Worten „Frau Kollegin, wir fliegen zusammen nach Sambia“ alles plötzlich ganz real machte. Drei Tage später hielt ich mein Ticket in den Händen und es gab kein Zurück mehr. Alles verlief reibungslos – als wäre es genau so gedacht gewesen.

Der Anreisetag war aufregend und voller Spannung. In Frankfurt traf ich Jennifer am Flughafen, in Äthiopien stieß Hans zu uns, und so erreichten wir schließlich gemeinsam Sambia, wo wir herzlich empfangen wurden. Burkard Will, dem die Kabwe Safari Lodge gehört – unsere Unterkunft für die nächsten zwei Wochen – begrüßte uns persönlich. Mit dabei war Dr. Wolfgang Pehl, der die dentale Klinik aufgebaut und zwei Wochen vor uns eingeweiht hat.

Unser Team bestand also aus

  • Dr. Hans Hugo Wilms (GL/AD),
  • Muminah Mohabbat (AD),
  • Jennifer Brüggenkoch (ADH).

V.l.n.r.: Jennifer Brüggenkoch, Dr. Hans Hugo Wilms, ZÄ Muminah Mohabbat

Gemeinsam haben wir uns schnell eingearbeitet und funktionierten vom ersten Tag an reibungslos. Jeder kannte seine Aufgabe, und ohne viele Worte lief alles wie am Schnürchen.:

Mit ein paar einleitenden Worten und herzlichen Viel-Erfolg-Wünschen gab Dr. Pehl uns eine erste Orientierung. Dann begann die vierstündige Autofahrt nach Kabwe – eine Strecke voller neuer Eindrücke, vorbei an weiten Landschaften, kleinen Dörfern und dem pulsierenden Leben am Straßenrand. Jeder Kilometer brachte uns unserem Abenteuer näher.

Schon der erste Tag machte mir klar, dass ich mich auf eine ganz neue Art des Lebens einlassen würde. Strom gab es erst ab 21 Uhr – eine Erfahrung, die mich zunächst überraschte, die aber schnell zu einer Selbstverständlichkeit wurde. Ohne die Ablenkung von Bildschirmen oder künstlichem Licht erlebte ich die Umgebung intensiver, hörte den Geräuschen der Natur zu und genoss die Gespräche mit den Menschen um mich herum. In Sambia gibt es nämlich tagsüber oft keinen Strom – anfangs eine schwierige Umstellung. Doch mit der Zeit wurde es fast zur Nebensache. Irgendwann kam der Strom einfach wieder, wenn er wollte. Am ersten Abend lernten wir auch Joachim Deinert kennen, der uns mit seiner Vision für die Schule beeindruckte.

Unsere „Dental Clinic“

Die Klinik war in der Twikatane School, einer Schule, die Joachim Deinert aufgebaut hat. Ursprünglich begann sie als Projekt “Ein Haus für Kinder e.V.”, doch mit der Zeit wuchs sie zu einer wichtigen Bildungseinrichtung heran. Dass unsere dentale Klinik genau dort untergebracht war, machte die Arbeit noch bedeutungsvoller – mitten in einem Ort, der Kindern eine Zukunft gibt.

Geschicklichkeit mit Steinen

In der Schule begegnete ich Kindern, die mich gleichzeitig zum Lächeln und Staunen brachten. Mit leuchtenden Augen und einer unglaublichen Neugier nahmen sie alles auf, was man ihnen zeigte. Ihre Freude war ansteckend, ihr Enthusiasmus bewundernswert. Es brauchte nicht viel, um sie glücklich zu machen – ein wenig Aufmerksamkeit, ein gemeinsames Spiel, eine kleine Geste. Oft mit nichts anderem als Steinen.

Sie spielten ein Geschicklichkeitsspiel mit Steinen, das für sie selbstverständlich war, für mich jedoch eine Herausforderung. Als ich kläglich scheiterte, lachten sie herzlich und freuten sich umso mehr, mir das Spiel beizubringen. Mit jeder Runde wurde ich ein wenig besser, doch eigentlich ging es gar nicht darum zu gewinnen – sondern darum, gemeinsam Spaß zu haben, zu lachen und diesen einfachen, unbeschwerten Moment zu genießen.

Mehr als Kollegen: Freunde und Familie der Schule

Köchin und Freundin Neema mit ihren Kindern

Die Herzen der Küche – die wunderbaren Köchinnen der Schule

Die Menschen, mit denen ich täglich zusammenarbeitete, wurden schnell mehr als nur Kollegen – sie wurden Freunde. Die Köche Neema, Celine, Joyce und Prisca, die mit so viel Hingabe Nshima – ein Grundnahrungsmittel in Sambia, bestehend aus Maismehl und Wasser – für uns und ca. 500 Schüler zubereiteten, sorgten nicht nur für unser Essen, sondern auch für eine warme, familiäre Atmosphäre. Das gemeinsame Mittagessen mit den Kindern war für mich jeden Tag ein Highlight – ein Moment des Zusammenseins, des Teilens und des Lachens. Auch die Arbeiter in der Schule begegneten mir mit einer Herzlichkeit, die mich sofort willkommen fühlen ließ. Wir nannten uns gegenseitig beim Namen, und als „Mina“ war ich plötzlich Teil dieser kleinen Gemeinschaft. Selbst die Lehrer waren offen und voller Freude, ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Es fühlte sich an, als hätte man eine zweite Familie gefunden.

Eine kleine Auszeit mitten im Trubel

Freude Teilen: Tattoos zum Aufkleben im Jungs-Shelter

Unser Wochenende war ein kleines Abenteuer für sich – voller besonderer Begegnungen und unvergesslicher Momente. Es begann mit einem Besuch in der Schule unseres irischen Kollegen Gerry Donohoe, einem Projekt aus Irland namens ZAMDA. Dort trafen wir die Jungs aus dem Waisenhaus. 20 wundervolle Jungen, die mich mit ihrer Energie und Lebensfreude beeindruckten. Mit Tattoos zum Aufkleben und ein paar Flummis konnte ich ihnen eine kleine Freude machen, doch eigentlich waren sie es, die mir mit ihrer Offenheit und Dankbarkeit mehr gaben, als ich erwartet hatte.

Später ging es an den Mulungushi River Resort, begleitet von Evans Chibanga, dem Kopf und Organisator der Schule. Durch ihn bekamen wir einen noch tieferen Einblick in das Leben der Kinder, ihre Geschichten und die Bedeutung der Schule für sie – das machte diesen Ausflug umso besonderer. Der Sonntag begann mit einem Gottesdienst in der Pentecostal Church, zu dem uns Ezra, ein Arbeiter der Schule, mitnahm. Schon beim Betreten der Kirche spürten wir die unglaubliche Wärme und Gastfreundschaft der Gemeinde. Nach so viel Herzlichkeit folgte der nächste Höhepunkt, eine Mini-Safari: Giraffen, Büffel und Zebras in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen, war atemberaubend.

Mulungushi River Resort

Doch das Schönste kam zum Schluss – auf einer Farm lernten wir Ezras Familie kennen, und wie schon so oft auf dieser Reise fühlte es sich an, als würde man nicht als Fremder, sondern als ein Teil der Familie empfangen.

Herzlicher Empfang auf der Farm von Ezras Familie

Mit Herz und Hingabe in der Zahnklinik

Die Arbeit in der dentalen Klinik war intensiv, aber unglaublich erfüllend. Patienten gab es ohne Ende, doch niemand beschwerte sich – sie warteten mit einer beeindruckenden Geduld, manchmal bis zu sieben oder acht Stunden. Die dentale Klinik in Kabwe war ein beeindruckendes Projekt, das Wolfgang Pehl in knapp einem Jahr aufgebaut hatte – und nun standen wir mittendrin. Mit nur einer Behandlungseinheit versorgten wir in nur zehn Tagen rund 300 Patienten. Auf den ersten Blick wirkte das wie eine riesige Herausforderung, doch schnell wurde klar, dass es trotz der intensiven Arbeit unglaublich viel Spaß machte.

Die Behandlungen begannen morgens um neun, und pünktlich marschierten die Kinder klassenweise herein. Vereinzelt waren Füllungen nötig, doch Karies war selten – kein Wunder, denn es gab kaum Zucker. Ab der Mittagspause kamen dann auch Erwachsene aus dem nahegelegenen Compound, wo die Kinder lebten. Jetzt wurde es voller, und die Behandlungen wurden intensiver: Extraktionen, Füllungen – mehr zu tun.

Die Patienten, mit denen ich arbeitete, beeindruckten mich durch ihre Geduld und Gelassenheit. Egal wie lange sie warten mussten, niemand beschwerte sich, niemand drängelte. Stattdessen wurde gelacht, geplaudert und mit einer Selbstverständlichkeit auf den Moment gewartet, in dem man an der Reihe war. Diese innere Ruhe und das Vertrauen ins Leben waren etwas, das mich tief berührte.

Die Patienten waren unfassbar geduldig. Viele warteten bis zu sieben oder acht Stunden, ohne sich zu beschweren. Stattdessen organisierten sie ihre eigene Warteschlange – ruhig, respektvoll und ohne Drängeln. Diese Gelassenheit war für mich beeindruckend. Die Behandlungen selbst waren körperlich anstrengend, vor allem wegen der zahlreichen Extraktionen, die auf Dauer ganz schön in den Arm gingen – Muskelaufbau inklusive! Die Dankbarkeit der Patienten war spürbar, besonders bei Frontzahnfüllungen, die vielen ihr selbstbewusstes Lächeln zurückgaben.

Evans: Kopf und bester Freund der Schule

Die Bedingungen waren jedoch alles andere als ideal: Es gab kein konstantes Licht, denn der Strom wurde immer wieder an- und abgeschaltet. Später stellte sich heraus, dass der Generator einfach zu laut für die Arbeiter außerhalb der Klinik war – eine Erkenntnis, die schließlich zu einem Running Gag zwischen uns und dem Team wurde, über die wir immer wieder scherzten. Der Evans war immer unser Anlaufpunkt, wenn der Strom mal wieder ausfiel. Er hat sich immer auf unseren Besuch gefreut- ich bin mir sicher, er wird unsere Rufe nach „Power please!“ vermissen.

Manchmal braucht es nur einen Freund zur Unterstützung

„In der Ruhe liegt die Kraft“ ist das Motto mit Jennifer

Ohne die Lampe auf dem Kopf ging in der Klinik fast nichts – sie war absolut essenziell. Oft reichte selbst eine nicht aus, und wir mussten mit zwei Lampen gleichzeitig arbeiten, um überhaupt genug zu sehen. Bei den wechselnden Lichtverhältnissen und der unzuverlässigen Stromversorgung wurde sie schnell zum unverzichtbaren Begleiter.

Neben den Zahnbehandlungen verteilten wir auch Brillen aus Deutschland, die dringend gebraucht wurden. Es war unglaublich, die Reaktionen zu sehen, wenn jemand nach langer Zeit plötzlich wieder klar sehen konnte. Es ging somit nicht immer nur um Zähne.

Die Kinder beeindruckten mich besonders – still und tapfer saßen sie auf dem Behandlungsstuhl, ohne ein Geräusch zu machen. Es reichte manchmal auch nur ein unterstützender Freund, der beiseite stand und einen beruhigte. Ein Moment, der mich besonders berührte, war das Mädchen, das nach der Behandlung zu mir kam und sagte, sie wolle auch Zahnärztin werden. In diesen Momenten wurde mir klar, dass unsere Arbeit hier mehr war als nur medizinische Hilfe – sie hinterließ Spuren.

Ein Patient kam mit einer Kieferklemme zu uns – der Unterkiefer war nach vorne eingerenkt. Mit dem Hippokrates-Griff brachten wir ihn wieder in die richtige Position, und alles schien gut. Doch zwei Stunden später stand er erneut vor uns, mit demselben Problem. Es war ein unfreiwillig komischer Moment, aber zugleich tat er mir leid. Was würde er tun, wenn wir nicht da wären?

Die wohl schwierigste Aufgabe von allen: den wartenden Patienten am Ende des Tages mitzuteilen, dass wir für heute fertig waren. Es war nie leicht, Menschen wegzuschicken, die oft stundenlang geduldig gewartet hatten – doch selbst dann nahmen sie es mit einer beeindruckenden Gelassenheit.

Ein schwerer Abschied…

Nach 14 Tagen voller unvergesslicher Erlebnisse, intensiver Arbeit und neuer Freundschaften war es schließlich Zeit, Abschied zu nehmen. Es fiel mir unglaublich schwer. Die Kinder waren traurig, hielten unsere Hände und fragten, wann wir wiederkommen. Es fühlte sich an, als würde man eine zweite Familie zurücklassen. Aus einem fremden Land war in kürzester Zeit ein Zuhause geworden, voller vertrauter Gesichter und besonderer Verbindungen. Doch es war kein endgültiger Abschied – der Kontakt bleibt bestehen und ich weiß, dass es nicht mein letzter Besuch war. Sambia hat einen festen Platz in meinem Herzen, und ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich zurückkehren kann.

Im Laufe unserer Zeit dort wurde uns klar, dass es um weit mehr als nur medizinische Arbeit ging. Es waren nicht nur Behandlungen, sondern Begegnungen – Momente, in denen wir den Menschen nicht nur halfen, sondern ihnen auch einen Namen und eine Geschichte gaben. Wir lernten sie wirklich kennen, hörten zu und merkten, wie wichtig es ist, gesehen und wertgeschätzt zu werden.

Wir haben das Privileg, helfen zu können – also warum es nicht nutzen? Ehrenamtliches Engagement bedeutet nicht nur, anderen etwas zu geben, sondern auch selbst unglaublich viel zurückzubekommen. Wer hilft, bewegt nicht nur andere, sondern auch sich selbst – und schenkt dabei ein Lächeln, das oft mehr bewirkt als Worte.


Zahnärzte ohne Grenzen bittet um Unterstützung:
Altgoldsammeln für ein neues Kinderlächeln

Eine Bitte an geneigte Zahnärztinnen und Zahnärzte: Möchten Sie mit Ihrer Praxis Zahnärzte ohne Grenzen unterstützen und für uns – mit Einverständnis Ihrer Patienten – Altgold sammeln? Sie und Ihre Patienten unterstützen damit vor allem unsere zahnärztlichen Assistenzen und Zahntechniker, welchen wir aus dem Erlös Zuschüsse zu den Einsatzkosten gewähren können.

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