von Dr. Renate Glück (E-Mail: dr.cleopatra [at] web.de)

Einsatzbericht Kapverden, Mai 2017

Am Sonntag, dem 30. April landete unser Team in Praia in zwei Etappen. Unsere beiden jungen Assistentinnen, Katrin und Verena, landeten schon kurz nach Mitternacht, da sie ab München geflogen waren. Monika und ich betraten den kapverdischen Boden in Praia, der Hauptstadt der Kapverden, um ziemlich genau 12:20 Uhr kapverdische Zeit (d.h. drei Stunden Zeitverschiebung gegenüber deutscher Zeit).

Als erstes wechselten wir unser Geld in Escudos, was ganz wichtig ist für den nächsten Schritt, das Besorgen einer Kapverdischen SIM-Card. Diese wird einem sofort nach Betreten der Ankunftshalle angeboten. Also kein Problem. Mit neu präpariertem Handy, telefonierte ich gleich mit Frau Dr. Rodrigues, die für uns zuständige Ärztin und teilte ihr unser Ankommen mit. Auf meine Bitte hin, wollte sie sofort die DWLF-Zentrale in Nürnberg über unsere Ankunft informieren.

Danach fuhren wir mit dem Taxi nach Assomada in unser kleines Hotel „Asa Branca“, das nur fünf Minuten von der Zahnstation entfernt liegt. Dank der Warnungen und guten Tipps unseres Vorgängerteams, dem April-Team, (das eine ziemlich schlechte Erfahrung mit dem Haus in Palmarejo gemacht hat), haben wir schon vor unserer Abreise in Deutschland, dieses kleine, feine Hotel gebucht, das uns Herr Dr. Chong, per E-Mail, empfohlen hat.

Dr. Chong ist der malaysische Zahnarzt, der schon seit dreißig Jahren hier lebt und die Zahnstation leitet. Er ist immer hilfsbereit, immer freundlich und steht einem immer mit Rat und Tat zur Seite. Muito obrigada Dr. Chong! Dank seiner Hilfsbereitschaft war dann letztendlich alles gut: „Muito bom“.

Da an diesem Sonntag, dem 30. April, ein bedeutender Feiertag auf den Kapverden war, der Tag des „San Salvador del Mundo“, erreichten wir (Monika und ich), nach einer langen, staubehafteten Fahrt, erst gegen 15 Uhr unser Hotel in Assomada. Katrin und Verena waren schon da und haben uns voller Freude empfangen. Hier haben wir uns nun endlich persönlich kennengelernt.

Unser erstes gemeinsames Frühstück im Asa Branca am 1. Mai.

Der zweite Tag ist der 1. Mai.

Unser Einsatz beginnt mit einem Feiertag. Trotzdem treffen wir pünktlich um 9:30 Uhr Frau Dr. Elisabeth Rodrigues vor der Zahnstation in Assomada, um alle wichtigen Details für unseren morgigen Beginn zu besprechen. Da heute Feiertag ist, hat Herr Dr. Chong vorgeschlagen, nach Tarrafal zu kommen, wo er auf uns wartet. Also fuhren wir gegen 10:30 Uhr mit dem Taxi nach Tarrafal.

Tarrafal ist eine wunderschöne kleine Bucht mit Palmenstrand, kleinen Hotels und kleinen gemütlichen Restaurants. Hier begrüßte uns erst mal Dr. Chong. Bei einem Erfrischungsgetränk plauderten wir erst mal und besprachen die Vorgehensweise für den nächsten Tag. Danach lud er uns alle in sein gemütliches Ferienhaus zum Mittagessen ein, wo seine Frau Estella schon alles vorbereitet hatte.

Gegen 16 Uhr fuhren wir entlang der Küstenstraße zurück nach Assomada in unser kleines Hotel.
Es war eine sehr schöne Fahrt über die Berge mit Blick auf den Atlantik und die Küste. Im Hotel angekommen, empfing uns der Hotelbesitzer, Herr Lito, mit einem leckeren Abendessen. Dabei konnten wir nochmal alles für den kommenden Tag besprechen.

Der dritte Tag, der 2. Mai,

begann pünktlich um 8:30 Uhr im Centro de Saude Assomada. Dr. Chong und Edna haben uns sehr freundlich empfangen. Auf dem Flur warteten sehr viele Patienten, wohl an die Hundert. Doch wie wir erfuhren, warteten sie nicht alle auf uns, sondern auf eine wichtige Impfung.

Im Behandlungsraum herrschten im ersten Moment ziemlich chaotische Zustände. Der Aufbau der Behandlungsstühle, der Behandlungseinheiten, das Auspacken der Materialien und Instrumente aus den großen Koffern, dauerte gute zwei Stunden. Wir waren fast am verzweifeln, denn es herrschte ein heilloses Durcheinander. Chaos pur …

„Keep calm“… waren die beruhigenden Worte von Dr. Chong. Ohne ihn wären wir wohl aufgeschmissen gewesen. Er war uns eine große Hilfe und Stütze. Also fingen wir an, alles zu ordnen und System in dieses Chaos zu bringen. Es ist wirklich genug da, vor allem Zangen, Hebel und auch sonstige wichtige Instrumente. Natürlich, alles nicht steril. Doch die rettende Hand, die gute Edna, war schnell zur Stelle und ehe wir’s uns versahen, hatte sie alle ausgesuchten Zangen, Hebel, Scheren usw. in ihren großen Steri-Topf gepackt und ab zum Sterilisieren.

Nach gut zweieinhalb Stunden, standen zwei Einheiten funktionsbereit und die wichtigsten Instrumente und Materialien, griffbereit. Also konnte es endlich losgehen. Doch die Überraschungen blieben nicht aus, denn das eine oder andere funktionierte nicht so, wie es sollte. Trotzdem legten wir voller Mut und guter Hoffnung mit der Arbeit los und konnten an diesem Tag ganze 20 Patienten behandeln (11 Extraktionen und 9 Zahnsteinentfernungen, die so genannten „limpezas“). Gegen 16 Uhr waren wir fertig … Im Großen und Ganzen waren wir mit diesem ersten, etwas chaotischen und holprigen Arbeitstag, zufrieden.

Katrin und Verena bei der Arbeit (von rechts nach links)

Am vierten Tag, dem 3. Mai,

war hier die „Hölle“ los, wie man so schön sagt.  Wir begannen pünktlich um halb neun mit den Behandlungen und es lief wie am Laufband. Die Patienten gaben sich regelrecht die Türklinke in die Hand und unsere beiden schnellen Helferinnen kamen kaum mit dem Desinfizieren nach. Die gute fleißige Edna kam nur schwerlich mit dem Sterilisieren nach, denn uns gingen langsam die Zangen und Hebel aus. Zum Glück rettete uns die einstündige Mittagspause, denn sie bot etwas Zeit für die Sterilisation (von 13:30 Uhr bis 14:30 Uhr).

V.l.n.r.: Katrin, Edna
und ich (Dr. Renate Glück)
bei der Arbeit

V.l.n.r.: Verena, Dr. Chong
und Monika bei
der Arbeit

Danach ging es im gleichen Tempo bis 16:30 Uhr weiter. Endlich waren wir fertig, – fix und fertig -aber sehr zufrieden, denn wir könnten eine positive“ Bilanz“ verbuchen. Zum Schluss waren es 49 behandelte Patienten (29 Extraktionen, 5 Füllungen und 23 Zahnsteinentfernungen). Müde und matt, doch mit einem guten Gefühl gingen wir in unser kleines Hotel und genossen unser wohlverdientes Abendessen. Ende gut, alles gut.

Tag 5, der 4. Mai 2017.

Heute war es etwas ruhiger als gestern, aber dafür etwas chaotischer, da wir ab sofort in zwei Behandlungsräumen parallel arbeiten sollen, auf Wunsch von Herrn Dr. Chong. Er meinte, das sei viel effektiver. Man könne im zweiten Behandlungszimmer ausschließlich Extraktionen machen. Da ich eine schmerzhafte Entzündung (Epikondylitis) im rechten Arm hatte, solle ich ab jetzt nur noch Füllungen und „Cleanings“ machen und Dr. Monika solle im anderen Raum nur noch extrahieren. Diese Idee wäre gar nicht schlecht, wenn im zweiten Behandlungszimmer alles Nötige an Instrumentarium vorhanden gewesen wäre. Doch da war „Nada“, leider gar nichts. Also musste unsere fleißige Katrin für jedes Instrument, für jede Zange und jeden Hebel, von einem Raum zum anderen rennen. Letztendlich wurde dann eine Box mit allen nötigen Zangen, Hebel, Spiegel usw. rüber geschafft.

Also behandelte ich mit Verena im ersten Behandlungsraum, vor allem Patienten mit Karies, Füllungen, Zahnstein, Parodontitis und machten nur wenige Extraktionen.  Dagegen wurde im Behandlungszimmer von Dr. Chong nur noch extrahiert. Diese Aufgabe hat Monika mit Katrin wunderbar gemeistert, auch wenn es manchmal eine große Herausforderung war. Trotz der chaotischen Umstände waren wir heute viel früher fertig, schon gegen 15 Uhr. Das Ergebnis: 29 Patienten, davon 16 Extraktionen, 1 Füllung und 14 PZR / Cleanings.

Da wir heute so früh fertig waren, hat uns Dr. Chong eine kleine Erholung am Strand von Tarrafal empfohlen. Wir haben das auch gleich in die Tat umgesetzt und genossen die letzten Stunden des Tages an der wunderschönen kleinen Bucht „Praia de Presidente“ in Tarrafal. Mit einem traumhaften Sonnenuntergang ist dieser Tag ausgeklungen. Ein Privatwagen hat uns am Abend in unser Hotel zurückgebracht. Rückblickend war es ein guter Tag.

Tag 6: Es ist Freitag, der 5. Mai. Die erste Woche neigt sich ihrem Ende zu.

Wie immer, sind wir pünktlich um 8:30 Uhr in der Zahnstation im „Centro de Saude“. So langsam haben wir uns eingelebt und finden uns gut zurecht. Wir arbeiten heute wieder parallel in zwei Behandlungsräumen. Monika arbeitet mit Katrin drüben im Zimmer von Dr. Chong und extrahiert nur noch. Heute waren es 23 Zähne. Dafür mache ich im ersten Zimmer mit Verena hauptsächlich Füllungen, wenige Extraktionen (heute waren es sechs) und vor allem Zahnsteinentfernungen – die berühmte „Limpeza“, die sich mittlerweile herumgesprochen hat. Ja, die Leute haben die Mundhygiene entdeckt und sind ganz scharf auf diese „Limpeza“ / PZR. Jeder will sie haben, ob notwendig oder nicht …  Schade nur, dass zu wenig Füllungen gemacht werden und viel zu viele Extraktionen (auf Anordnung von Dr. Chong), auch bei erhaltungswürdigen Zähnen. Das sollte man im Sinne der Patienten schnellstens ändern. Das heutige Ergebnis kann sich sehen lassen: insgesamt 30 Patienten (es waren 29 Extraktionen, 6 Füllungen und 9 PZR / Limpezas ). Zur Belohnung sind wir nach der Arbeit über den prächtigen Markt geschlendert und haben frisches Obst eingekauft. Es lohnt sich. Dieser Markt ist einmalig. Einfach toll.

Wochenende, 6. Mai und 7. Mai.

An diesem, unserem ersten Wochenende, sind Katrin und Verena auf die Insel Sal geflogen und haben es an einem schönen weißen Sandstrand und einem tollen Hotel genossen. Sie kamen am Sonntagabend begeistert und entspannt zurück, voller neuer Eindrücke und hatten viel zu erzählen. Monika und ich haben das Wochenende in Tarrafel verbracht, an einer schönen kleinen Bucht mit gemütlichem Hotel direkt am Strand. Wir haben das schöne Wetter, die Sonne, das Meer und das gute Essen auch sehr genossen und viele tolle Fotos gemacht, die unsere Erinnerungen festhalten werden. Nach einem so schönen Wochenende kann die neue Woche ruhig beginnen.

Montag, 8. Mai.

Gut gelaunt und ausgeruht beginnen wir alle pünktlich um 8:30 Uhr mit der Arbeit im Gesundheitszentrum. Unser Team ist mittlerweile gut eingespielt … Jeder kann sich hundertprozentig auf den anderen verlassen. Es läuft ganz gut, auch wenn es zwischendurch immer wieder die üblichen Stolpersteine mit dem Funktionieren der Einheiten gibt. Das haben wir bereits DWLF mitgeteilt, in der Hoffnung, dass die Einheiten repariert werden. Trotz der technischen Hindernisse haben wir heute 35 Patienten behandelt (25 Extr., 4 Fllg. und 11 PZR). Den Rekord halten, wie immer, die Extraktionen. Kein Wunder bei dem Süßwarenangebot, das man an jeder Ecke hier bekommen kann.

Wenn man das hier so sieht, erkennt man sehr schnell, wie wichtig die Prophylaxe und eine gute Aufklärung in Mundhygiene ist, – ein großes Thema, das diese Woche, am Freitag, auf dem Plan steht, in einer Grundschule mit 350 Kindern.

Da unser Team nun so gut eingespielt ist und ein Tag wie der andere verläuft, möchte ich die nächsten Tage zusammenfassen, indem ich die Bilanzen hier aufliste: am Dienstag, dem 9. Mai waren es 35 Patienten, am Mittwoch, dem 10. Mai waren es auch 35 Patienten, am Donnerstag, dem 11. Mai waren es ganze 40 Patienten und Freitag , der 12. Mai ist unser großer Prophylaxe -Tag in der Schule.

Für diesen

Freitag, dem 12. Mai,

habe ich mich besonders vorbereitet, indem ich eine kleine Geschichte über Zahnmonster, (aus einem mitgebrachten deutschen Zahnputzbuch) ins Portugiesische übersetzt habe, um sie den Kindern zu erzählen und um ihnen bildlich zu veranschaulichen, wie wichtig Zähneputzen ist, wie wichtig Mundhygiene ist.

Am frühen Morgen dieses Tages waren wir zuerst in der Zahnstation im „Centro de Saude“ und haben alles zusammengepackt und aufgeräumt. Die erste Journalistin war schon da und hat mich zu unserem Einsatz hier und zum bevorstehenden Schulbesuch interviewt. Es sollten noch mehr Journalisten kommen und das Fernsehen hatte sich auch angekündigt.

Gegen 11:30 Uhr wurden wir von einem Wagen des Gesundheitsministeriums abgeholt und zur besagten Schule gefahren. Hier angekommen, erwarteten uns 350 Kinder, wie man uns sagte. Sie begrüßten uns lauthals und fröhlich.

Nachdem etwas Ruhe eingekehrt war, erzählte ich ihnen meine vorbereitete Zahnputzgeschichte über die kleinen Zahnteufel und Zahnmonster (natürlich auf Portugiesisch), wie wichtig eine gute gesunde Ernährung ist und vor allen das Zähneputzen. Meine liebe Kollegin Monika unterstützte meine Erzählung, indem sie ihnen die bunten Illustrationen des Buches zeigte und fleißig mit blätterte. Die Kinder waren so begeistert, dass sie sogar applaudierten. Sie haben toll mitgemacht, haben auf meine Fragen geantwortet und sich riesig über die Zahnbürsten gefreut, die wir zum Schluss verteilt haben. Die Freude und Begeisterung in ihren Augen haben uns alle sehr gerührt. Es war das schönste Erlebnis und die beste Erfahrung hier.

Am Nachmittag, gegen 16 Uhr, waren wir beim Gouverneur (dem Presidente de Camera), im Rathaus von Assomada eingeladen. Als Dank für unseren Einsatz hier, hat er jedem von uns eine Ehrenurkunde überreicht und sich persönlich bei uns bedankt. Es war der krönende Abschluss unseres Einsatzes und ein besonderes Erlebnis.  Ende gut, alles gut! …Tudo bem. Muito Obrigada! Vielen Dank!

An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Menschen bedanken, die uns auf diesem Einsatz begleitet haben und uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Als erstes möchte ich mich bei unserem Vorgängerteam, dem April-Team bedanken, das uns durch die vielen guten Tipps und Ratschläge den Weg geebnet und unseren Einsatz erleichtert hat. Obrigada und Danke!

Ein ganz großes Dankeschön an mein Team: an Katrin und Verena, die sich jeder Situation angepasst haben, sehr fleißig waren und alle Schwierigkeiten gemeistert haben …

DANKE an meine liebe Kollegin Monika, die sich mit vollem Einsatz den vielen Extraktionen gewidmet hat, auch wenn sie manchmal am Rande ihrer Kräfte war. Muito obrigada!

Einen ganz besonderen Dank möchte ich Herrn Dr. Chong und seiner lieben Frau Estella aussprechen, der uns stets hilfsbereit zur Seite stand und uns mit seinen guten Ratschlägen und Tipps, das Leben oft erleichtert uns verschönert hat.

Muito obrigada an die gute Seele der Station, an Edna, die sich so fleißig um die Sterilisation unserer Instrumente gekümmert hat. Sie war immer zur Stelle mit ihrem großen heißen Sterilisationstopf.

Herzlichen Dank an Mr. Lito, (der Hotelbesitzer unseres kleinen feinen Hotels in Assomada ) und an seine Familie, die mir alle beim Übersetzen des Kinderbuches geholfen haben, bezüglich der korrekten portugiesischen Aussprache, als auch der kreolischen Sprache.

Und, last but not least, ein großes Dankeschön an DWLF für die Zusendung des Materialienpakets vor dem Einsatz und für das nette Videotelefonat mit Frau Prof. Tuul Macher während des Einsatzes.

Muito obrigada an alle!