von Kurt O. Wörl, DWLF-Redaktion (E-Mail: redaktion [at] dwlf.org)
Dienstreisebericht Kapverden vom 14.-21.11.2016
Mitte November des letzten Jahres reisten DWLF-Geschäftsführerin Prof. Tuul Macher und DWLF-Mitarbeiter Kurt O. Wörl nach Praia, Hauptstadt der Kapverden auf der Insel Santiago, um mit Regierungsvertretern die bisherige Zusammenarbeit vor Ort, die Effizienz bisheriger Einsätze, mögliche Verbesserungen zu besprechen sowie evtl. weitere Einsatzmöglichkeiten für DWLF-Helfer z.B. auf der Insel Fogo zu erörtern.
Unsere Ansprechpartner im Gastland waren
- Dr. Maria da Luz Tavares de Lima Frede Mendonça,
National Direktorin für Gesundheit im kapverdischen Gesundheitsministerium, - Dr. Yorleydis Rosabal,
Leiterin des Referats Oralgesundheit sowie - Dr. Ozias Fernandes,
PMG für DWLF auf den Kapverden, - Petro Lopez,
Architekt aus Berlin mit kapverdischen Wurzeln.
Am Tag nach der Anreise, am 15.11., sprachen wir zunächst die anstehenden Termine ab und fixierten diese mit dem Gesundheitsministerium. Abends besuchten wir das aktuell im Einsatz befindliche DWLF-Team um Gruppenleiter Dr. Rüdiger Zier, in der DWLF-Unterkunft, in Praia, um uns über den Stand des zu Ende gehenden Einsatzes und evtl. aufgetretene Probleme zu informieren, damit diese ggf. gleich in die für den nächsten Tag vorgesehene Besprechung eingebracht werden könnten.
Einen Bericht vom Einsatz des Teams finden Sie auf unserer Webpräsenz hier:
Kapverden: Wir wurden wieder geerdet…
Besprechung im Gesundheitsministerium Praia, Kapverden
Am nächsten Tag, 16.11., präsentierten wir im kapverdischen Ministerium für Gesundheit, in Praia, das bisherige Ergebnis der Zusammenarbeit und der Einsätze von Oktober 2015 bis Oktober 2016 auf den Kapverden anhand der Gesamtstatistik 2015-2016 und – um den Umfang deutlich zu machen -auch die Wertberechnung der Einsätze. So wurden im genannten Zeitraum, bei mehreren Einsätzen insgesamt 2.416 Patienten mit Einzelleistungen im Wert von über 306.000 EUR behandelt.
Thema der Besprechung waren ferner die Hilfsmöglichkeiten durch DWLF, die anhand einer mitgebrachten PowerPoint-Präsentation dargestellt wurden. Übersetzungshilfe leistete uns Herr Petro Lopez, Architekt aus Berlin mit kapverdischen Wurzeln. Vor einigen Jahren trat Herr Lopez an DWLF heran und bat um Hilfseinsätze auf den Kapverden, da die arme Bevölkerung dort keinen Zugang zu einer zahnmedizinischen Grundversorgung hat und ist unserer Stiftung seither sehr verbunden.
Prof. Macher beschrieb die Art und Weise der möglichen zahnmedizinischen Hilfe, die auf Basis der vorhandenen zahnmedizinischen Infrastruktur geleistet werden kann. Dabei wurde auch auf das Problem, dass mangels Röntgengeräte Wurzelbehandlungen bislang nicht möglich sind, hingewiesen. Patienten werden derzeit bei Bedarf in der Regel an private Zahnärzte verwiesen, bei welchen aber nur gegen Bezahlung eine Behandlung möglich ist. – Das können sich auf den Kapverden aber nur Wenige leisten.
An der Besprechung nahm auch die deutsche ZÄin Monika Kienass, die als Einsatzteilnehmerin vor Ort war, teil. Sie stellte in Aussicht, DWLF künftig auf Fogo, in Santa Catarina, eine feste Zahnstation mit Autoklav und Röntgengerät zur Verfügung zu stellen. So konnte dieses Angebot gleich mit in die Besprechung eingebracht werden.
Es zeigte sich allerdings, dass für Einsätze auf Fogo noch einige Nachverhandlungen hinsichtlich einer Zahnstation dort erforderlich sind, da für die Nutzung der angebotenen Zahnstation auch die Zustimmung anderer Miteigentümer einzuholen ist. Auch hinsichtlich der Anreise für Einsatz-Teams nach Fogo müssen noch Abklärungen erfolgen. Fogo hat keinen internationalen Flughafen und wird daher von den Airlines nicht angeflogen. Es gibt zwar Taxiflüge von Praia dorthin, jedoch nur im Insel-Hopping-Verfahren, sodass für den Rückflug immer erst alle anderen Inseln bis zur Rückkehr nach Praia mit angeflogen werden müssten. Es gibt auch Fährverbindungen nach Fogo, die allerdings nicht gut mit dem internationalen Flugverkehr in Praia koordiniert sind.
Um auch Patienten mit lückenhaftem oder zahnlosem Gebiss helfen zu können, stellte Prof. Macher in Aussicht, dass DWLF in Praia in Bälde auch ein Dental-Labor installieren möchte. Die Räumlichkeiten dafür wird PMG Dr. Fernandes für DWLF suchen.
Ehre wem Ehre gebührt
Zum Schluss der Besprechung im Gesundheitsministerium verlieh Prof. Macher unserem PMG, Dr. Oszias Fernandes, die DWLF-Ehrenmadaille. Dr. Fernandes setzte sich unermüdlich, bei teilweise hohem Zeitaufwand, ehrenamtlich für DWLF und seine Einsatz-Teams ein und koordiniert die Einsätze im Zusammenwirken mit den Teams vor Ort.
Im Anschluss an die Besprechung lud uns Dr. Fernandes noch ein, seine moderne und durchaus europäischen Standards entsprechende, zahnärztliche Privatpraxis zu besichtigen.
Gut zu wissen für Einsatz-Teams: Lieferant für Dental-Material vor Ort:
In Praia konnte in der Avenida Dr. Manuel Duarte ein Fachhandel für Dental-Equipment ausgemacht werden. Es wurde bei der Gelegenheit gleich zahnmedizinisches Material für das Lager in der DWLF-Unterkunft beschafft. Man spricht dort übrigens auch Deutsch:
Übersetzen nach Fogo fiel aus
Ein für den nächsten Tag geplanter Besuch Fogos, um die avisierte Zahnstation in Santa Catarina und das Umfeld sowie Unterkunftsmöglichkeiten für Einsatz-Teams zu erkunden, musste leider ausfallen, weil keine Übersetz- und Rückkehrmöglichkeit dafür bestand.
So konnte der Tag genutzt werden, um die bisherigen Ergebnisse der Besprechung zu sichten sowie für einen kleinen Ausflug ins nahe gelegene Städtchen Cidade Velha, einst Hauptstadt der Kapverden, das an er Mündung eines gigantischen Canyons liegt und eine traurige Geschichte zur Zeit des Sklavenhandels sein eigen nennt. Auch beeindruckend: die Besichtigung der oberhalb des Städtchens gelegenen Festung Forte Real de São Filipe.
Besuch eines Einsatzes vor Ort in Santa Cruz
Am Donnerstag, 17.11. war ein Besuch des aktiven Einsatz-Teams im Centro de Saude Pedra Badejo in Santa Cruz vorgesehen. Wir konnten vor Ort einen guten Eindruck von dem enormen Engagement des Teams um Dr. Rüdiger Zier erlangen und uns über die Zusammenarbeit mit örtlichen Helfern informieren.
Draußen vor dem Gesundheitszentrum saßen derweil noch einige Dutzend geduldig wartende Patienten.
Weitere Zahnstation in Praia
Am Donnerstag, 18.11., stand zusammen mit Dr. Fernandes noch ein Besuch im Gesundheitszentrum Achada Santo Antonio in Praia auf dem Programm. Dort stünde für unsere Helfer ein Behandlungszimmer mit installiertem Behandlungsstuhl sowie zwei Waschbecken zur Verfügung. Allerdings muss dort noch entweder eine feste oder mobile Zahnstation eingerichtet werden. DWLF wird sich um die Nutzbarmachung des Behandlungszimmers kümmern.
Auf in den Norden der Insel
Eine Aufgabe blieb noch zu erledigen: Am Freitag fuhren wir ganz in den Norden der Insel Santiago, nach Tarrafal, um dort die Lodge „King Fisher Resort“ als mögliche Unterkunft für Einsatz-Teams, die in Tarrafal arbeiten wollen, zu erkunden. Es hat sich gezeigt, dass die tägliche Hinfahrt und Rückkehr nach/von Tarrafal (einfach fast 70 km) von der Unterkunft in Praia zu zeitaufwändig wäre. Zeitaufwand, der dann nicht für die Patienten zur Verfügung stünde.
… und ein Erlebnis, auf das jeder gerne verzichtet hätte:
Für Fahrt dorthin wählten wir – natürlich auch aus Sightseeing-Gründen – zunächst die Straße entlang der Ostküste von Santiago – und das war auch gut so. Manchmal ist man zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Wir fuhren mit einem Taxi und wegen der Wärme bei geöffneten Fenstern. Etwa 10 km vor unserem Ziel hörten wir den gellenden Schrei einer Frau aus einem neben der Straße gelegenen, bebauten Feld. Wir wiesen den Fahrer an anzuhalten und zu der Stelle zurückzusetzen, um nachzusehen, ob jemand unserer Hilfe bedarf. Schon rannte uns eine fast unbekleidete junge Kapverderin weinend und laut schimpfend entgegen, während ein unbekannter, jüngerer Mann in eine andere Richtung davonlief. Es stellte sich heraus, dass wir durch das Zurücksetzen des Taxis den Mann in die Flucht schlugen und die Frau so vor Schlimmerem bewahrt blieb.
In etwa 200m Entfernung wartete eine Gruppe älterer Frauen auf den Aluguer (= Sammeltaxi, meist ein Pickup-Fahrzeug). Wir winkten die Frauen herbei, damit sich diese um die verängstigte Frau kümmern mochten. Wie sich herausstellte war darunter auch die Mutter des Mädchens. Wir gaben ihr, falls sie Anzeige erstatten wollten, unsere Rufnummern. Die Weiterfahrt fand dann natürlich in etwas gedrückter er Stimmung statt. Was, wenn wir eine andere Route gewählt hätten?
Eine Unterkunft für unsere Einsatz-Teams?
Angekommen in Tarrafal suchten wir zunächst die „King Fisher-Lodge“ auf, ein komfortabler Lodge-Betrieb, der von einer deutschstämmigen Managerin geleitet wird. Leider konnten wir nur Vorgespräche führen, da die Managerin selbst nicht anwesend war.
Unsere Teams – meinen wir – könnten sich dort gut untergebracht fühlen.
Tarrafal ist aus touristischer Sicht so ziemlich die Perle der Insel Santiago. Hat die Insel ansonsten hauptsächlich vor allem schroffe Felsküsten aus schwarzem, vulkanischen Gestein zu bieten, hier in Tarrafal findet man jedenfalls einen der wenigen, wirklich attraktiven Sandstrände der Insel…
….und gleich neben an ein Juwel für jeden Fotografen, der Fischerhafen mit regem Betrieb. Oberhalb davon: ein gastronomischer Betrieb mit vorzüglichem Essen.
Für unsere Rückreise nach Praia wählten wir schließlich die Zentralstraße durch das Hochgebirge der Insel, wovon die nachfolgenden Impressionen aus der Kamera beredtes Zeugnis liefern mögen. Leider spielte auf der Rückfahrt das Wetter nicht so mit. Das tat dem optischen Genuss auf der Fahrt durch die üppig grüne Insel aber keinen Abbruch.
Als Ergebnis unserer Dienstreise kann festgestellt werden, dass die Kapverden – schon auf Grund des schieren Bedarfs an zahnmedizinischer Hilfe für Bedürftige, noch lange ein für unsere Helfer attraktives Gastland bleiben wird, sowohl mit Blick auf das befriedigende Erlebnis, anderen Menschen helfen zu können, als auch mit Blick auf die unglaublich reizvolle Natur der Kapverden. Und noch haben wir erst auf der Insel Santiago die DWLF-Flagge gehisst. Fogo folgt als nächstes – und es gibt ja noch 13 weitere Inseln im kapverdischen Archipel.